Physische und chemische Wirkungen farbiger Beleuchtung

LV.

673.
Die physischen und chemischen Wirkungen farbloser Beleuchtung sind bekannt, so dass es hier unnötig sein dürfte, sie weitläuftig auseinander zu setzen. Das farblose Licht zeigt sich unter verschiedenen Bedingungen, als Wärme erregend, als ein Leuchten gewissen Körpern mitteilend, als auf Säurung und Entsäurung wirkend. In der Art und Stärke dieser Wirkungen findet sich wohl mancher Unterschied, aber keine solche Differenz, die auf einen Gegensatz hinwiese, wie solche bei farbigen Beleuchtungen erscheint, wovon wir nunmehr kürzlich Rechenschaft zu geben gedenken.

674.
Von der Wirkung farbiger Beleuchtung als wärme-erregend wissen wir folgendes zu sagen: An einem sensiblen sogenannten Luftthermometer beobachte man die Temperatur des dunklen Zimmers. Bringt man die Kugel darauf in das direkt hereinscheinende Sonnenlicht, so ist nichts natürlicher, als dass die Flüssigkeit einen viel höhern Grad der Wärme anzeige. Schiebt man alsdann farbige Gläser vor, so folgt auch ganz natürlich, dass sich der Wärmegrad vermindre, erstlich weil die Wirkung des direkten Lichts schon durch das Glas etwas gehindert ist, sodann aber vorzüglich, weil ein farbiges Glas, als ein Dunkles, ein wenigeres Licht hindurchläßt.

675.
Hierbei zeigt sich aber dem aufmerksamen Beobachter ein Unterschied der Wärmeerregung, je nachdem diese oder jene Farbe dem Glase eigen ist. Das gelbe und gelbrote Glas bringt eine höhere Temperatur, als das blaue und blaurote hervor, und zwar ist der Unterschied von Bedeutung.

676.
Will man diesen Versuch mit dem sogenannten prismatischen Spektrum anstellen, so bemerke man am Thermometer erst die Temperatur des Zimmers, lasse alsdann das blaufärbige Licht auf die Kugel fallen, so wird ein etwas höherer Wärmegrad angezeigt, welcher immer wächst, wenn man die übrigen Farben nach und nach auf die Kugel bringt. In der gelbroten ist die Temperatur am stärksten, noch stärker aber unter dem Gelbroten. Macht man die Vorrichtung mit dem Wasserprisma, so dass man das weiße Licht in der Mitte vollkommen haben kann, so ist dieses zwar gebrochne, aber noch nicht gefärbte Licht das wärmste; die übrigen Farben verhalten sich hingegen wie vorher gesagt.

677.
Da es hier nur um Andeutung, nicht aber um Ableitung und Erklärung dieser Phänomene zu tun ist, so bemerken wir nur im Vorbeigehen, dass sich am Spektrum unter dem Roten keineswegs das Licht vollkommen abschneidet, sondern dass immer noch ein gebrochnes, von seinem Wege abgelenktes, sich hinter dem prismatischen Farbenbilde gleichsam herschleichendes Licht zu bemerken ist, so dass man bei näherer Betrachtung wohl kaum nötig haben wird, zu unsichtbaren Strahlen und deren Brechung seine Zuflucht zu nehmen.

678.
Die Mitteilung des Lichtes durch farbige Beleuchtung zeigt dieselbige Differenz. Den Bononischen Phosphoren teilt sich das Licht mit durch blaue und violette Gläser, keineswegs aber durch gelbe und gelbrote; ja man will sogar bemerkt haben, dass die Phosphoren, welchen man durch violette und blaue Gläser den Glühschein mitgeteilt, wenn man solche nachher unter die gelben und gelbroten Scheiben gebracht, früher verlöschen als die, welche man im dunklen Zimmer ruhig liegen lässt.

679.
Man kann diese Versuche wie die vorhergehenden auch durch das prismatische Spektrum machen, und es zeigen sich immer dieselben Resultate.

680.
Von der Wirkung farbiger Beleuchtung auf Säurung und Entsäurung kann man sich folgendermaßen unterrichten. Man streiche feuchtes, ganz weißes Hornsilber auf einen Papierstreifen; man lege ihn ins Licht, dass er einigermaßen grau werde, und schneide ihn alsdenn in drei Stücke. Das eine lege man in ein Buch, als bleibendes Muster, das andre unter ein gelbrotes, das dritte unter ein blaurotes Glas. Dieses letzte Stück wird immer dunkelgrauer werden und eine Entsäurung anzeigen. Das unter dem gelbroten befindliche wird immer heller grau, tritt also dem ersten Zustand vollkommnerer Säurung wieder näher. Von beiden kann man sich durch Vergleichung mit dem Musterstücke überzeugen.

681.
Man hat auch eine schöne Vorrichtung gemacht, diese Versuche mit dem prismatischen Bilde anzustellen. Die Resultate sind denen bisher erwähnten gemäß, und wir werden das Nähere davon späterhin vortragen und dabei die Arbeiten eines genauen Beobachters benutzen, der sich bisher mit diesen Versuchen sorgfältig beschäftigte.