Bedingungen des Zunehmens der Erscheinung

Bedingungen des Zunehmens der Erscheinung

323 (209).
Auch hier bringt eine vermehrte Verrückung des Bildes eine stärkere Farbenerscheinung zuwege.

324 (210).
Diese vermehrte Verrückung aber hat statt
1. durch schiefere Richtung des auffallenden leuchtenden Bildes auf parallele Mittel.
2. durch Veränderung der parallelen Form in eine mehr oder weniger spitzwinklige.
3. durch verstärktes Maß des Mittels, des parallelen oder winkelhaften, teils weil das Bild auf diesem Wege stärker verrückt wird, teils weil eine der Masse angehörige Eigenschaft mit zur Wirkung gelangt.
4. durch die Entfernung der Tafel von dem brechenden Mittel, so dass das heraustretende gefärbte Bild einen längeren Weg zurücklegt.
5. zeigt sich eine chemische Eigenschaft unter allen diesen Umständen wirksam, welche wir schon unter den Rubriken der Achromasie und Hyperchromasie näher angedeutet haben.

325 (211).
Die objektiven Versuche geben uns den Vorteil, dass wir das Werdende des Phänomens, seine sukzessive Genese außer uns darstellen und zugleich mit Linearzeichnungen deutlich machen können, welches bei subjektiven der Fall nicht ist.

326.
Wenn man das aus dem Prisma heraustretende leuchtende Bild und seine wachsende Farbenerscheinung auf einer entgegengehaltenen Tafel stufenweise beobachten und sich Durchschnitte von diesem Konus mit elliptischer Base vor Augen stellen kann, so lässt sich auch das Phänomen auf seinem ganzen Wege zum schönsten folgendermaßen sichtbar machen. Man errege nämlich in der Linie, in welcher das Bild durch den dunklen Raum geht, eine weiße feine Staubwolke, welche durch feinen recht trocknen Haarpuder am besten hervorgebracht wird. Die mehr oder weniger gefärbte Erscheinung wird nun durch die weißen Atomen aufgefangen und dem Auge in ihrer ganzen Breite und Länge dargestellt.

327.
Ebenso haben wir Linearzeichnungen bereitet und solche unter unsre Tafeln aufgenommen, wo die Erscheinung von ihrem ersten Ursprunge an dargestellt ist, und an welchen man sich deutlich machen kann, warum das leuchtende Bild durch Prismen so viel stärker als durch parallele Mittel gefärbt wird.

328 (212).
An den beiden entgegengesetzten Grenzen steht eine entgegengesetzte Erscheinung in einem spitzen Winkel auf, die sich, wie sie weiter in dem Raume vorwärts geht, nach Maßgabe dieses Winkels verbreitert. So strebt in der Richtung, in welcher das leuchtende Bild verrückt worden, ein violetter Saum in das Dunkle hinaus, ein blauer schmalerer Rand bleibt an der Grenze. Von der andern Seite strebt ein gelber Saum in das Helle hinein und ein gelbroter Rand bleibt an der Grenze.

329 (213).
Hier ist also die Bewegung des Dunklen gegen das Helle, des Hellen gegen das Dunkle wohl zu beachten.

330 (214).
Eines großen Bildes Mitte bleibt lange ungefärbt, besonders bei Mitteln von minderer Dichtigkeit und geringerem Maße, bis endlich die entgegengesetzten Säume und Ränder einander erreichen, da alsdann bei dem leuchtenden Bild in der Mitte ein Grün entsteht.

331 (215).
Wenn nun die objektiven Versuche gewöhnlich nur mit dem leuchtenden Sonnenbilde gemacht wurden, so ist ein objektiver Versuch mit einem dunklen Bilde bisher fast gar nicht vorgekommen. Wir haben hierzu aber auch eine bequeme Vorrichtung angegeben. Jenes große Wasserprisma nämlich stelle man in die Sonne und klebe auf die äußere oder innere Seite eine runde Pappenscheibe; so wird die farbige Erscheinung abermals an den Rändern vorgehen, nach jenem bekannten Gesetz entspringen, die Ränder werden erscheinen, sich in jener Masse verbreitern und in der Mitte der Purpur entstehen. Man kann neben das Rund ein Viereck in beliebiger Richtung hinzufügen und sich von dem oben mehrmals Angegebenen und Ausgesprochenen von neuem überzeugen.

332 (216).
Nimmt man von dem gedachten Prisma diese dunklen Bilder wieder hinweg, wobei jedoch die Glastafeln jedesmal sorgfältig zu reinigen sind, und hält einen schwachen Stab, etwa einen starken Bleistift, vor die Mitte des horizontalen Prisma, so wird man das völlige Übereinandergreifen des violetten Saums und des roten Randes bewirken und nur die drei Farben, die zwei äußern und die mittlere, sehen.

333.
Schneidet man eine vor das Prisma zu schiebende Pappe dergestalt aus, dass in der Mitte derselben eine horizontale längliche Öffnung gebildet wird, und lässt alsdann das Sonnenlicht hindurchfallen, so wird man die völlige Vereinigung des gelben Saumes und des blauen Randes nunmehr über das Helle bewirken und nur Gelbrot, Grün und Violett sehen; auf welche Art und Weise, ist bei Erklärung der Tafeln weiter auseinandergesetzt.

334 (217).
Die prismatische Erscheinung ist also keineswegs fertig und vollendet, indem das leuchtende Bild aus dem Prisma hervortritt. Man wird alsdann nur erst ihre Anfänge im Gegensatz gewahr; dann wächst sie, das Entgegengesetzte vereinigt sich und verschränkt sich zuletzt aufs innigste. Der von einer Tafel aufgefangene Durchschnitt dieses Phänomens ist in jeder Entfernung vom Prisma anders, so dass weder von einer stetigen Folge der Farben, noch von einem durchaus gleichen Maß derselben die Rede sein kann; weshalb der Liebhaber und Beobachter sich an die Natur und unsre naturgemäßen Tafeln wenden wird, welchen zum Überfluss eine abermalige Erklärung sowie eine genugsame Anweisung und Anleitung zu allen Versuchen hinzugefügt ist.