Aristoteles

Anzunehmen, daß die blauen Augen feuerhaft sind, wie Empedokles sagt, die schwarzen aber mehr Wasser als Feuer haben und dieserwegen am Tage nicht scharf sehen aus Mangel des Wassers, die andern aber des Nachts aus Mangel des Feuers, ist irrig, sintemal nicht des Feuers das Auge ist, sondern des Wassers. Außerdem läßt sich die Ursache der Farben noch auf eine andre Weise angeben.
Wäre das Auge Feuer, wie Empedokles behauptet, und im Timäus geschrieben steht, und geschähe das Sehen, indem das Licht wie aus einer Laterne (aus den Augen) herausgehe, warum in der Finsternis sieht nicht das Auge? Daß es ausgelöscht werde im Finstern, wenn es herauskomme, wie der Timäus sagt, ist durchaus nichtig. Denn was heißt Auslöschung des Lichtes? Gelöscht wird im Nassen oder im Kalten das Warme (Heiße) und Trockne, dergleichen in dem Kohlichten das Feuer zu sein scheint und die Flamme. Keins von beiden aber scheint dem Augenlicht zugrunde zu liegen. Lägen sie aber auch, und nur, wegen der Wenigkeit, auf eine uns verborgne Weise, so müßte täglich auch vom Wasser das Augenlicht ausgelöscht werden, und im Frost zumeist müßte Finsternis entstehen, wie wenigstens mit der Flamme und brennenden Körpern geschieht. Nun aber geschieht nichts dergleichen. Empedokles nun scheint einmal zu behaupten, indem das Licht herausgehe, sähen wir, ein andermal wieder durch Aus- oder Abflüsse von den gesehenen Gegenständen.
Demokritus hingegen, sofern er behauptet, das Auge sei Wasser, hat recht; sofern er aber meint, das Sehen sei eine Emphasis (Spiegelung), hat er unrecht. Denn dies geschieht, weil das Auge glatt ist, und eine Emphasis findet nicht statt im Gegenstande, sondern im Sehenden: denn der Zustand ist eine Zurückwerfung. Doch über die Emphänomena und über die Zurückwerfung hatte er, wie es scheint, keine deutlichen Begriffe. Sonderbar ist es auch, daß ihm nicht die Frage aufstieß: warum das Auge allein sieht, die andern Dinge, worin die Bilder sich spiegeln, aber nicht. Daß nun das Auge Wasser sei, darin hat er recht. Das Sehen aber geschieht nicht, insofern das Auge Wasser ist, sondern insofern das Wasser durchsichtig ist, welche Eigenschaft es mit der Luft gemein hat.
Demokritus aber und die meisten Physiologen, die von der Wahrnehmung des Sinnes handeln, behaupten etwas ganz Unstatthaftes. Denn alles Empfindbare machen sie zu etwas Fühlbarem, da doch, wenn dem so wäre, in die Augen fällt, daß auch alle übrigen Empfindungen ein Fühlen sein müßten; welches, wie leicht einzusehen, unmöglich. Ferner machen sie, was allen Wahrnehmungen der Sinne gemeinschaftlich ist, zu einem Eigentümlichen. Denn Größe und Gestalt, Rauhes und Glattes, Scharfes und Stumpfes an den Massen sind etwas allen Sinneswahrnehmungen Gemeines, oder wenn nicht allen, doch dem Gesichte und Gefühl. Darum täuschen diese beiden Sinne sich zwar hierüber, nicht aber über das jedem Eigentümliche, zum Exempel das Gesicht nicht über die Farbe, das Gehör nicht über den Schall. Jene Physiologen aber werfen das Eigentümliche mit dem Gemeinschaftlichen zusammen, wie Demokritus. Vom Weißen nämlich und Schwarzen behauptet er, dieses sei rauh und jenes glatt. Auch die Geschmäcke bringt er auf Gestalten zurück. Wiewohl es des Gesichtes mehr als jedes andern Sinnes Eigenschaft ist, das Gemeinsame zu erkennen. Sollte es nun mehr des Geschmackes Sache sein, so müßte, da das Kleinste in jeglicher Art zu unterscheiden, dem schärfsten Sinne angehört, der Geschmack zumeist das übrige Gemeinsame empfinden und über die Gestalt der vollkommenste Richter sein. Ferner alles Empfindbare hat Gegensätze, zum Exempel in der Farbe ist dem Schwarzen das Weiße, im Geschmack das Süße dem Bittern entgegen; Gestalt aber scheint kein Gegensatz von Gestalt zu sein. Denn welchem Eck steht der Zirkel entgegen? Ferner da die Gestalten unendlich sind, müßten auch die Geschmäcke unendlich sein: denn warum sollte man von den schmeckbaren Dingen einige empfinden, andre aber nicht? –
Sichtbar ist, wessen allein das Gesicht ist. Sichtbar ist aber die Farbe und etwas das sich zwar beschreiben laßt, aber keinen eigenen Namen hat. Was wir meinen, soll weiterhin klar werden. Das Sichtbare nun, von dem wir reden, ist einmal die Farbe. Diese aber ist das, was an dem an sich Sichtbaren sich befindet. An sich sichtbar ist, was es nicht (…) durch Bezug auf ein anderes ist, sondern den Grund des Sichtbarseins in sich hat. Alle Farbe aber ist ein Erregendes des actu Durchsichtigen. Und dies ist seine Natur. Daher ist ohne Licht Farbe nicht sichtbar, sondern jede Farbe ist durchaus nur im Lichte sichtbar. Daher müssen wir zuerst sagen, was das Licht ist.
Es gibt ein Durchsichtiges (…). Durchsichtig nenn ich, was zwar sichtbar ist, aber nicht sichtbar an sich, sondern durch eine andre Farbe. Von der Art ist die Luft, das Wasser und mehrere feste Körper. Denn nicht insofern sie Wasser und insofern sie Luft, sind sie durchsichtig, sondern weil eine solche Natur in ihnen ist.
Licht nun ist der actus dieses Durchsichtigen als Durchsichtigen. Worin es sich nur potentia befindet, das kann auch Finsternis sein. Licht ist aber gleichsam die Farbe des Durchsichtigen, wann es actu durchsichtig ist, es sei durchs Feuer oder durch das höchste und letzte Element.
Was nun das Durchsichtige und was das Licht sei, ist gesagt, daß es nicht Feuer sei, noch überhaupt ein Körper, noch der Ausfluß irgendeines Körpers: denn auch so würde es ein Körper sein; sondern Feuers oder eines andern dergleichen Anwesenheit in dem Durchsichtigen. Denn zwei Körper können nicht zugleich in einem sein. Das Licht ferner scheint der Gegensatz von Finsternis. Finsternis scheint der Mangel einer dergleichen (…) in dem Durchsichtigen. Wie daraus erhellt, daß die Anwesenheit desselben das Licht ist. Daher Empedokles, und wer sonst, nicht recht hat zu behaupten, das Licht verbreite sich und komme zwischen die Erde und ihre Umgebung, ohne daß wir es merkten. Denn dies ist gegen alle Prinzipien und gegen die Erscheinung. In einem kleinen Raume könnte es unbemerkt bleiben, aber vom Aufgang der Sonne bis zum Niedergang ist die Forderung zu groß.
Der Farbe nun empfänglich ist das Farblose, wie des Schalls da s Schallose. Farblos ist das Durchsichtige und Unsichtliche, oder das kaum Sichtbare, dergleichen das Finstere zu sein scheint. Dergleichen also ist das Durchsichtige, aber nicht wenn es actu durchsichtig ist, sondern, wenn es potentia. Denn das ist seine Natur, daß es bald Licht, bald Finsternis ist. Nicht alles aber ist sichtbar im Licht: sondern nur eines jeden eigentümliche Farbe. Denn einiges wird nicht gesehen im Licht, aber in der Finsternis gibt es Empfindung, zum Exempel das Feurige und Leuchtende. Diese Dinge lassen sich mit einem Worte nicht benennen, zum Exempel die Schnuppe am Licht, Horn, die Köpfe der Fische und Schuppen und Augen. An keinem von diesen Dingen wird die eigentümliche Farbe geschaut; wodurch sie aber nun sichtbar werden, ist eine andre Untersuchung.
Soviel ist allbereits klar, daß das im Licht Gesehene Farbe ist; daher wird sie nicht ohne Licht gesehen. Denn das ist das Wesen der Farbe, daß es das Erregende des actu Durchsichtigen ist. Der actus des Durchsichtigen aber ist das Licht. Ein offenbarer Beweis davon ist: wenn jemand etwas Farbiges auf das Auge selbst legt, so sieht er es nicht, sondern die Farbe erregt das Durchsichtige, die Luft; von dieser aber, die ein continuum ist, wird das Gesichtsorgan erregt. Daher hat Demokritus unrecht zu glauben, wenn der Zwischenraum leer wäre, so würde man auch eine Ameise am Himmel genau sehen können. Denn dies ist unmöglich. Denn nur dadurch, daß das Gesichtsorgan etwas erleidet, geschieht das Sehen. Von der gesehenen Farbe selbst kann jenes nicht erfolgen; es bleibt also nur übrig, daß es von dem, was zwischen ist (dem Medium), geschehe. Darum muß notwendig etwas zwischen sein. Wäre der Zwischenraum leer, so würde die Ameise nicht nur nicht genau, sondern ganz und gar nicht gesehen werden können.
Warum nun die Farbe notwendig im Licht gesehen werden muß, ist gesagt. Das Feuer aber wird in beiden gesehen, im Licht und in der Finsternis, und dies notwendigerweise. Denn das Durchsichtige wird dadurch durchsichtig. Dieselbe Bewandtnis hat es mit dem Schall und mit dem Geruch.
Denn keins von beiden, wenn es unmittelbar das Organ berührt, bringt eine Empfindung hervor, sondern von Geruch und Schall muß zuvor das Medium bewegt werden, und durch dieses erst das Organ für beide. Wenn jemand unmittelbar an das Organ ein Schallendes oder Riechendes bringt, so entsteht durchaus keine Empfindung. Auf gleiche Weise verhält es sich mit dem Gefühl (tactus) und Geschmack, nur fällt es da nicht so in die Augen. Das Medium für den Schall ist die Luft, für das Riechende etwas, das keinen Namen hat. Denn so wie das Durchsichtige für die Farbe eine gemeinschaftliche Affektion des Wassers und der Luft ist, so gibt es eine andre gemeinschaftliche Affektion in beiden, dem Wasser und der Luft, für das Riechende. Es scheinen nämlich die im Wasser lebenden Tiere eine Empfindung des Geruchs zu haben; aber der Mensch und andre Landtiere, welche atmen, können nicht riechen ohne zu atmen.
Licht ist des Durchsichtigen Farbe per accidens: denn die Gegenwart eines Feuerartigen im Durchsichtigen ist Licht, die Abwesenheit Finsternis. Was wir durchsichtig nennen, ist weder der Luft, noch dem Wasser, noch einem der Elemente besonders eigen, sondern es ist eine gemeinsame Natur und Eigenschaft, die abgesondert zwar nicht ist, aber in ihnen befindet sie sich und wohnt einem Körper mehr, andern weniger bei. So wie nun der Körper ein Äußerstes haben muß, so auch das Durchsichtige. Die Natur des Lichts ist nun in einem unbegrenzten (…) Durchsichtigen. Daß nun das Durchsichtige in den Körpern ein Äußerstes haben muß, ist allen einleuchtend; daß dieses aber die Farbe sei, ist aus den Vordersätzen ergeblich. Denn die Farbe ist entweder in der Grenze, oder selbst die Grenze. Daher nannten auch die Pythagoreer die Oberfläche Farbe. Nun ist aber die Farbe in der Grenze des Körpers und nicht selbst die Grenze; sondern dieselbe färbende Natur, die man außen annimmt, muß man auch innerhalb annehmen.
Luft und Wasser erscheinen gefärbt: denn ihr Aussehen (…) ist ein solches. Aber weil dort die Farbe in einem Unbegrenzten ist, zeigen beide in der Nähe und in der Ferne nicht einerlei Farbe. In (festen) Körpern aber ist die Erscheinung der Farbe eine bestimmte, wenn nicht etwa das, was den Körper einschließt, eine Veränderung hervorbringt. Es ist also klar, daß ein und dasselbe der Farbe Empfängliche sowohl dort als hier stattfindet. Das Durchsichtige also, in sofern es den Körpern in wohnt, und das ist mehr oder weniger der Fall, macht sie alle der Farbe fähig oder teil haft. Da nun die Farbe in der Grenze des Körpers ist, so ist sie auch in der Grenze des Durchsichtigen, so daß also Farbe die Grenze des Durchsichtigen an dem begrenzten Körper wäre. Den durchsichtigen Körpern selbst, als dem Wasser und was sonst der Art ist, und was eine eigene Farbe hat, diesen allen wohnt sie bei im Äußersten.
In dem Durchsichtigen nun ist dasjenige, wodurch auch in der Luft das Licht hervorgebracht wird, bald wirklich vorhanden, bald nicht, sondern entnommen. So wie nun dort bald Licht, bald Finsternis stattfindet, so ist auch in den Körpern Weiß und Schwarz.
Von den andern Farben ist nun zu handeln, auf wie vielerlei Art sie entstehen. Einmal können sie so entstehen, daß wenn Schwarz und Weiß nebeneinander liegen, eins wie das andre aber wegen ihrer Kleinheit unsichtbar sind, dennoch etwas aus ihnen entspringe, welches sichtbar wird. Dieses kann nun weder schwarz, noch auch weiß sein; da es aber doch eine Farbe sein muß, so muß sie eine gemischte sein und einen andern Anblick gewähren.
Auf diese Weise können nun sehr viele Farben außer dem Weißen und Schwarzen, entstehen. Einige durch Verhältnisse, indem sie wie drei zu zwei, drei zu viere und so fort in andern Portionen nebeneinander liegen. Andre hingegen nicht durch Zahlenverhältnisse, sondern durch ein inkommensurables Plus oder Minus. So können sie sich verhalten zum Exempel wie die Konsonanzen in der Musik, daß nämlich die Farben von den leichtesten Zahlenverhältnissen, gerade wie die Konsonanzen, als die angenehmsten erschienen, zum Beispiel Violett und Rot und einige andre dergleichen. Daher auch nur wenige Konsonanzen sind. Andre ferner, die nicht in solchen Verhältnissen bestehen, würden die übrigen Farben ausmachen. Oder auch, alle Farben, sowohl die in einer Ordnung als die in keiner bestehen, beruhten auf Zahlenverhältnissen, und selbst diese, wenn sie nicht rein sind weil sie auf keinem Zahlenverhältnis beruhen, müßten es dennoch werden.
Dies ist nun eine Art der Farbenentstehung. Eine andre Art ist, wenn sie durcheinander erscheinen; wie zum Beispiel die Maler tun, daß sie eine Farbe über eine andre mehr energische herstreichen, wenn sie etwas als in Luft oder Wasser befindlich vorstellen wollen; oder wie die Sonne, die an sich weiß erscheint, durch Nebel und Rauch gesehen aber rot. Auf diese Weise können viele Farben entstehen, daß nämlich eine gegenseitige Bedingung der oben und der unten befindlichen Farbe stattfindet. Andre können gänzlich ohne dieselbe entstehen.
Zu behaupten, wie die Alten sagen, die Farben seien Ausflüsse und das Sehen geschähe aus dieser Ursache, ist ganz unstatthaft. Denn alsdann müssen sie die Empfindung von allem andern durch Berühren entstehen lassen. Viel besser ist es daher zu sagen, durch die Bewegung des Mediums zwischen dem Organ und dem Empfindbaren geschehe die Empfindung, als durch Ausflüsse und Berühren.
Bei Nebeneinanderliegendem muß man, wie man eine unsichtliche Größe annimmt, auch eine unmerkliche Zeit annehmen, damit wir die ankommenden Bewegungen nicht bemerken, und der Gegenstand eins scheine, weil er zugleich erscheint. Aber bei der Farbe ist das nicht notwendig. Denn die über einer andern liegende Farbe, sie mag von der untern bewegt werden oder nicht, bringt doch keine gleichen Eindrücke hervor. Darum erscheint sie als eine andre Farbe und nicht weder als weiß noch als schwarz. Daher, wenn auch keine unsichtliche Größe, sondern alles in einer gewissen Entfernung sichtbar wäre, würde auch so noch eine Mischung der Farbe stattfinden und nichts uns hindern, auch in der Entfernung eine gemeinschaftliche Farbe wahrzunehmen.
Wenn nun eine Mischung der Körper stattfindet, so geschieht es nicht bloß auf die Weise, wie einige sich die Sache vorstellen, daß nämlich kleinste Teile nebeneinander liegen, die uns unbemerklich sind, sondern auch so, daß die Mischung überall und durchweg sei. Denn auf jene Weise mischt sich nur, was sich in die kleinsten Teile zerlegen läßt, wie Menschen, Pferde, Samenkörner. Denn von einer Menge Menschen ist ein Mensch der kleinste Teil, von Pferden ein Pferd, so daß aus Zusammenstellung beider die Menge beider gemischt ist. Von einem Menschen und einem Pferde kann man nicht sagen, daß sie gemischt sind. Was sich nun nicht in die kleinsten Teile zerlegen läßt, bei dem findet keine Mischung auf diese Art statt, sondern auf die Art, daß alles durchaus und aller Orten gemischt sei, was sich besonders zu einer solchen Mischung eignet.
Daß nun wie jenes sich mischt, auch die Farben sich mischen, ist klar, und daß dieses die Hauptursache der Verschiedenheit der Farben sei und nicht das Über- und Nebeneinanderliegen derselben. Denn nicht etwa in der Ferne bloß und in der Nähe nicht zeigen vermischte Dinge einerlei Farbe, sondern in jedem Standpunkt.
Viele Farben werden sich ergeben, weil viele Verhältnisse möglich sind, in denen das Gemischte sich mischt. Einige beruhen auf Zahlen, andere bloß auf einem Übermaß: andere endlich auf derselben Weise, wie bei über- oder nebeneinander liegenden Farben geschieht.
Wie die Farben aus der Mischung des Weißen und Schwarzen entstehen, so auch die Geschmäcke aus der des Süßen und Bittern; und zwar nach Verhältnis des Mehr oder Weniger, es sei der Zahl nach, oder der Bewegung, oder unbestimmt. Die angenehmen Geschmäcke beruhen auf dem Zahlenverhältnis. Der fette Geschmack gehört zu dem süßen; der salzige und bittre sind beinahe eins. Der beißende, herbe, zusammenziehende und saure fallen dazwischen. Schier wie die Arten des Geschmacks verhalten sich auch die Spezies der Farben. Denn beider sind sieben; wenn man, wie billig, das phaion zum Schwarzen rechnet. Daraus folgt, daß das Gelbe zum Weißen gehöre wie das Fette zum Süßen. Das Rote, Violette, Grüne und Blaue liegt zwischen dem Weißen und Schwarzen. Die übrigen sind aus diesen gemischt. Und wie das Schwarze eine Beraubung des Weißen im Durchsichtigen, so ist das Salzige und Bittre eine Beraubung des Süßen in dem nährenden Feuchten. Darum ist die Asche aller verbrannten Körper bitter: denn das Trinkbare ist ihr entzogen.
Die empfindbaren Dinge geben uns durch einen jeglichen Sinn ein Empfindung, und dieser durch dieselben in uns entstehende Zustand dauert nicht bloß, solange die Sinne eben tätig sind, sondern auch, wenn sie aufhören. Wenn wir anhaltend einer Sinnesempfindung uns hingeben und nun den Sinn auf einen andern Gegenstand übertragen, so begleitet ihn der erste Zustand mit hinüber, zum Exempel wenn man aus der Sonne ins Dunkle geht. Dann sieht man nichts wegen des in den Augen fortdauernden Lichteindrucks. Auch wenn wir auf eine Farbe, weiß oder grün, lange hingeschaut haben, so erscheint uns etwas dergleichen, wohin wir auch den Blick wenden mögen. Auch sobald wir in die Sonne, oder auf einen andern hellen Gegenstand gesehen haben und die Augen schließen, erscheint, wenn wir in der geraden Richtung, worin wir sehen, beobachten, zuvörderst etwas dergleichen an Farbe: dann verwandelt es sich in Rot, dann in Purpur, bis es zuletzt ins Schwarze übergeht und verschwindet.

Theophrast oder vielmehr Aristoteles von den Farben
I. Von den einfachen Farben 1-14
II. von den mittlern oder gemischten 15-26
III. Von der Unbestimmbarkeit der Farben 27-37
IV. von den künstlichen Farben 38
V. von der Veränderung der Farben an den Pflanzen durch organische Kochung 39-62
VI. von den Farben der Haare, Federn und Häute 63-82

I. Von den einfachen Farben, weiß, gelb und schwarz
 
1.
Einfache Farben sind diejenigen, welche die Elemente begleiten, das Feuer, die Luft, das Wasser und die Erde. Die Luft und das Wasser sind ihrer Natur nach weiß, das Feuer und die Sonne aber gelb. Die Erde ist ursprünglich gleichfalls weiß, aber wegen der Tingierung erscheint sie vielfarbig. Dieses wird offenbar an der Asche; denn sobald nur die Feuchtigkeit ausgebrannt ist, welche die Tinktur verursachte, so wird der Überrest weiß, nicht aber völlig; denn etwas wird wieder von dem Rauch gefärbt, welcher schwarz ist. Deswegen wird auch die Lauge gelb, weil etwas Flammenartiges und Schwarzes das Wasser färbt.

2.
Die schwarze Farbe begleitet die Elemente, wenn sie ineinander übergehen.

3.
Die übrigen Farben aber entstehen, wenn sich jene einfachen vermischen und wechselseitig temperieren.

4.
Die Finsternis entsteht, wenn das Licht mangelt.

5.
Schwarz erscheint uns auf dreierlei Weise: denn erstens, was durchaus nicht gesehen wird, wenn man den umgebenden Raum sieht, erscheint uns als schwarz, so auch zweitens dasjenige, wovon gar kein Licht in das Auge kommt. Drittens nennen wir aber auch solche Körper schwarz, von denen ein schwaches und geringes Licht zurückgeworfen wird.

6.
Deswegen halten wir auch die Schatten für schwarz.

7.
Ingleichen das Wasser, wenn es rauh wird, wie das Meer im Sturm. Denn da von der rauhen Oberfläche wenig Lichtstrahlen zurückgeworfen werden, vielmehr das Licht sich zerstreut, so erscheint das Schattige schwarz.

8.
Durchsichtige Körper, wenn sie sehr dick sind, zum Beispiel die Wolken, lassen kein Licht durch und erscheinen schwarz. Auch strahlt, wenn sie eine große Tiefe haben, aus Wasser und Luft kein Licht zurück, daher die mittlern Räume schwarz und finster erscheinen.

9.
Daß aber die Finsternis keine Farbe sei, sondern eine Beraubung des Lichts, dieses ist nicht schwer aus verschiedenen Umständen einzusehen; am meisten aber daher: daß sich nicht empfinden läßt, wie groß und von welcher Art das Gebilde derselben sei, wie es sich doch bei andern sichtbaren Dingen verhält.

10.
Daß aber das Licht zugleich die Farbe des Feuers sei, ist daraus deutlich, weil man an diesem keine aridere Farbe findet und weil es durch sich allein sichtbar ist, so wie es alles übrige sichtbar macht.

11.
Das gleiche gilt von einigem, was weder Feuer, noch feuerartig ist und doch Licht von sich zu geben scheint.

12.
Die schwarze Farbe aber entsteht, wenn Luft und Wasser vom Feuer verbrannt werden, deswegen alles Angebrannte schwarz wird, wie zum Beispiel Holz und Kohlen nach ausgelöschtem Feuer. Ja sogar der Rauch, der aus dem Ziegel aufsteigt, ist schwarz, indem die Feuchtigkeit, welche im Ziegel war, sich absondert und verbrennt.

13.
Deswegen auch der Rauch am schwärzesten ist, der von Fett und harzigen Dingen aufsteigt, als von Öl, Pech und Kien, weil diese am heftigsten brennen und von gedrängter Natur sind.

14.
Woran aber Wasser herfließt, auch dieses wird schwarz; denn hierdurch entsteht etwas Moosartiges, dessen Feuchtigkeit sodann austrocknet und einen schwärzlichen Überzug zurückläßt, wie man am Bewurf der Wände, nicht weniger an Steinen, welche im Bache liegen, sehen kann. Und so viel war von den einfachen Farben zu sagen.

II. Von den mittlern oder gemischten Farben
15.
Diejenigen Farben, welche aus der Mischung (…) der vorhergehenden oder durch das Mehr und Weniger entstehen, sind viel und mannigfaltig. Durchs Mehr und Weniger erzeugen sich die Stufen zwischen dem Scharlach und Purpur; durch die Mischung aber, zum Beispiel des Schwarzen und Weißen, entsteht das Grau.

16.
Auch wenn wir das Schwarze und Schattige mit dem Licht, welches von der Sonne oder dem Feuer her scheint, vermischen, so entsteht ein Gelbrot; ingleichen wird das Schwarze, das sich entzündet, rot, zum Beispiel rauchende Flamme und glühende Kohlen.

17.
Eine lebhafte und glänzende Purpurfarbe aber erscheint, wenn mit mäßigem und schattigem Weiß schwache Sonnenstrahlen temperiert werden.

18.
Deswegen auch, um die Gegend des Aufgangs und Untergangs, wenn die Sonne dahin tritt, die Luft purpurfarb aussieht; denn die schwachen Strahlen fallen alsdann meistenteils in die schattige Atmosphäre.

19.
Auch das Meer erscheint purpurähnlich, wenn die erregten Wellen beim Niederbeugen beschattet werden, indem die Sonnenstrahlen nur schwach in die Biegung einfallen können.

20.
Ein Gleiches erblicken wir auch auf den Federn, denn wenn sie in einem gewissen Sinne gegen das Licht ausgebreitet werden, so haben sie eine Purpurfarbe, wenn aber weniger Licht einfällt, eine dunkle, die man orphninos nennt.

21.
Wird aber das Licht durch ein häufiges und reines Schwarz gemäßigt, so erscheint ein Gelbrot, das, sowie es lebhaft wird und leuchtet, in Flammenfarbe übergeht.

22.
Diese Erscheinungen können wir daher als die wechselseitigen Wirkungen des gewissermaßen verkörperten Schwarzen und Weißen von der einen und des Lichts von der andern Seite recht wohl annehmen, ohne zu behaupten, daß gedachte Farben immer auf dieselbe Weise entstehen müssen.

23.
Denn es ist bei den Farben nicht allein das einfache Verhältnis zu betrachten, sondern es gibt auch zusammengesetzte, die sich verhalten wie die einfachen, jedoch, da ihre Mischungen einigen Spielraum haben, nicht eben eine entschiedene, vorauszusagende Wirkung hervorbringen.

24.
Wenn wir zum Beispiel von der Entstehung der blau oder gelbroten Farbe sprechen, so müssen wir auch die Erzeugung solcher Farben angeben, die aus diesen gemischt werden und eine ganz verschiedene Erscheinung verursachen, und zwar sollen wir immer aus den angezeigten Grundsätzen folgern. So erzeugt sich die Weinfarbe, wenn mit reinem und leuchtendem Schwarz sich lichte Strahlen verbinden. Dies geschieht auch körperlich an den Weinbeeren; denn indem sie reifen, sind sie von weinhafter Farbe, wenn sie sich aber schwärzen, so geht das Gelbrote ins Blaurote hinüber.

25.
Nun muß man aber auf die angezeigte Weise alle Verschiedenheit der Farben betrachten, welche bei mannigfaltiger Bewegung sich doch selber ähnlich bleiben, je nachdem ihre Mischung beschaffen ist; und so werden wir uns von den Ursachen der Erscheinung, welche sie sowohl beim Entstehen als beim wechselseitigen Wirken hervorbringen, völlig überzeugen. Allein man muß die Betrachtung hierüber nicht anstellen, indem man die Farben vermischt wie der Maler, sondern indem man, wie vorgesagt, die zürückgeworfenen Strahlen aufeinander wirken läßt, denn auf diese Weise kann man am besten die Verschiedenheiten der Farben betrachten. Als Beweise aber muß man die einfacheren Fälle aufzusuchen verstehen, in welchen man den Ursprung der Farben deutlich erkennt; deshalb muß man besonders das Licht der Sonne, Feuer, Luft und Wasser vor Augen haben; denn, indem diese mehr oder weniger aufeinander wirken, vollenden sie, kann man sagen, alle Farben. Ferner muß man nach der Ähnlichkeit anderer, mehr körperlichen, Farben sehen, welche sich mit leuchtenden Strahlen vermischen. So bringen zum Beispiel Kohlen, Rauch, Rost, Schwefel, Federn, indem sie teils von den Sonnenstrahlen, teils von dem Glanze des Feuers temperiert werden, viele und mannigfaltige Farbenveränderungen hervor.

26.
Auch ist zu betrachten, was durch (organische) Kochung einpflanzen, Früchten, Haaren, Federn und dergleichen bewirkt wird.

III. Von der Unbestimmbarkeit der Farben
27.
Es darf uns aber nicht verborgen bleiben, woher das Vielfältige und Unbestimmbare der Farben entstehe, indem wir finden, daß die Verbindung des Lichts und des Schattens sich ungleich und unregelmäßig ereigne. Beide sind, durch das Mehr oder Weniger, gar sehr voneinander unterschieden, daher sie, sowohl unter sich, als wenn sie mit den Farben vermischt werden, viele Farbenveränderungen hervorbringen; teils weil das, was nun zusammen wirkt, an Menge und an Kräften sich nicht gleich ist, teils weil sie gegeneinander nicht dieselben Beziehungen haben. Und so haben denn auch die Farben in sich viel Verschiedenheiten, das Blaurote sowie das Gelbrote, ingleichen das Weiße und so auch die übrigen, sowohl wegen des Mehr oder Weniger als wegen wechselseitiger Mischung oder Reinheit.

28.
Denn es macht einen Unterschied, ob dasjenige, was zugemischt wird, leuchtend und glänzend sei oder im Gegenteil schmutzig und glanzlos. Das Glänzende aber ist nichts anders als die Gedrängtheit und Dichtheit des Lichtes. So entsteht die Goldfarbe, wenn das Gelbe und Sonnenhafte, verdichtet, stark leuchtet, deswegen auch die Hälse der Tauben und die Wassertropfen golden erscheinen, wenn das Licht zurückgeworfen wird.

29.
Es gibt auch Körper, welche, indem sie durch Reiben oder sonst eine Gewalt glatt werden, eine Veränderung verschiedener Farben zeigen, wie abgeriebenes Silber, Gold, Erz und Eisen.

30.
Auch bringen gewisse Steinarten mehrerlei Farben hervor, zum Beispiel (der Schiefer), der, indem er schwarz ist, weiße Linien zieht. Bei solchen Körpern sind die Ur-Teile klein, dicht und schwarz, das Gewebe des Steins aber ward bei seiner Entstehung mit allen seinen Gängen besonders gefärbt, daher man auch äußerlich entweder diese oder jene Farbe sieht. Das vom Körper Abgeriebene aber erscheint nicht mehr gold- oder kupferfarbig, noch auf irgendeine Weise gefärbt, sondern ganz schwarz, weil das anders gefärbte Gewebe zerrissen ist und nun die uranfängliche Natur der kleinsten Teile gesehen wird. Streicht man aber einen solchen Körper an etwas Gleiches und Glattes, wie zum Beispiel an einen Probierstein, so kommt seine Urfarbe, die schwarze nämlich, nicht zum Vorschein, sondern er zeigt die Farbe, womit sein Gewebe bei dessen erster Schichtung und Verbindung tingiert ward.

31.
Unter den brennenden, im Feuer sich auflösenden und schmelzenden Körpern zeigen solche, deren Rauch dünn und luftartig ist, die verschiedensten Farben, wie der Schwefel und die rostenden Kupfergefäße; auch Körper, welche dicht und glatt sind, wie das Silber.

32.
Auch andere Körper, welche schattige Farben zeigen, sind gleichfalls glatt, wie zum Beispiel das Wasser und die Wolken und die Federn der Vögel; denn weil hier die Strahlen auf die Glätte fallen und bald so oder so temperiert werden, entstehen verschiedene Farben, wie auch durch die Finsternis geschieht.

33.
Keine Farbe sehen wir aber rein, wie sie ist, sondern entweder durch den Einfluß fremder Farben, oder durch Licht und Schatten verändert; wir mögen daher einen Körper in den Sonnenstrahlen oder im Schatten sehen, bei starker oder schwacher Beleuchtung, bei der oder jener Neigung der Flächen; immer wird die Farbe anders erscheinen.

34.
Ebenso geschieht es bei Feuer-, Monden- oder Lampenlicht; denn ein jedes von diesen hat eine eigene Farbe. Wenn sie nun mit der Farbe des Körpers durcheinander spielt, so entsteht die gemischte Farbe, die wir sehen.

35.
Wenn das Licht auf irgendeinen Körper fällt und dadurch zum Beispiel einen purpurnen oder grünen Schein annimmt, von da aber auf einen andern Körper geworfen wird und von der Farbe desselben abermals eine Veränderung erleidet, so geschieht dies zwar in der Tat, doch nicht für die Empfindung: denn das Licht kommt zum Auge von vielerlei Farben getränkt, aber nur diejenige, welche vorzüglich wirkt, wird empfunden. So erscheint im Wasser alles wasserhaft, im Spiegel nach der Farbe des Spiegels, und wir können vermuten, daß es in der Luft auch also geschehe.

36.
Wir finden also, daß alle gemischte Farben aus drei Ursprüngen erzeugt werden, aus dem Licht, durch das Mittel, wodurch das Licht erscheint, als Wasser oder Luft, und sodann von den untergelegten Farben, von denen das Licht zurück geworfen wird.

37.
Das Weiße und Durchscheinende, wenn es sehr dünn ist, erscheint luftfärbig, an allem Dichten aber erscheint eine gewisse Trübe, zum Beispiel am Wässer, am Glas, an dunstiger Luft; denn wegen der Dichte nehmen die Strahlen überall ab, und wir können das, was in diesen Mitteln ist, nicht deutlich erkennen. Die Luft, wenn wir sie nahe sehen, scheint keine Farbe zu haben, denn sie wird, weil sie dünn ist, von den Strahlen überwunden und geteilt, indem diese mächtiger sind und durch sie hindurch scheinen. Wenn man aber die Luft in einiger Tiefe sieht, so erscheint sie, wenn sie noch dünn genug ist, blau; denn wo das Licht abnimmt, wird die Luft von der Finsternis aufgefaßt und erscheint blau; verdichtet aber ist sie, wie das Wasser, ganz weiß.

IV. Von künstlichen Farben
 
38.
Übrigens, was gefärbt wird (vorausgesetzt, daß es ganz weiß sei), empfängt seine Farbe von dem Färbenden. So wird vieles durch Blumen, Wurzeln, Rinden, Hölzer, Blätter und Früchte gefärbt, sodann vieles mit Erde, Schaum und metallischen Tinten, auch mit tierischen Säften, wie das Blaurote durch die Purpurschnecke. Einiges wird mit Wein, einiges mit Rauch, mit Lauge, ja sogar durch das Meer gefärbt, wie die Haare der Seeleute, denn diese werden rot, und überhaupt mit allen Körpern, welche eigene Farben enthalten.
Denn verbunden mit dem Feuchten und Warmen, dringen solche Farben in die Gänge der Körper ein, und wenn diese trocken sind, so haben sie die Farben sich zugeeignet, ja man kann öfters die Farbe auswaschen, indem sie aus den Poren wieder ausfließt.
Auch macht der Gebrauch zusammenziehender Ingredienzien beim Färben großen Unterschied, sowohl der Mischung als auch überhaupt dessen, was die Körper dabei erleiden.
Man färbt auch schwarze Felle; an diesen wird aber die Farbe nicht sonderlich scheinbar, indem sich zwar sowohl die Farbe als die innern Gänge der Wolle einander wechselweise aufnehmen, aber das Gewebe der Haare selbst die Farbe nicht annimmt.
Das Weiße hat zu den Farben ein reines Verhältnis und bewirkt eine glänzendere Erscheinung der Blüte; das Schwarze hingegen macht sie dunkel, obgleich die Farbe, welche sie Orphninos nennen, sich blühender auf Schwarz als auf Weiß ausnimmt, weil ihre Blüte durch die Strahlen des Schwarzen gehoben wird.
Die Zwischenräume der Gänge sieht man aber an sich selbst nicht, wegen ihrer Kleinheit, so wie man die Teile des Zinnes und des Kupfers nicht unterscheiden kann, wenn beide Metalle gemischt sind.
Und so werden aus vorgemeldeten Ursachen die Farben der gefärbten Dinge verändert.

V. Von Veränderungen der Farben, an den Pflanzen, durch organische Kochung
 
39.
Die Haare aber, die Federn, Blumen, Früchte und alle Pflanzen nehmen durch Kochung alle Veränderung der Farben an, wie solches aus vielerlei Fällen deutlich ist. Was aber die einzelnen Dinge, die aus der Erde wachsen, für Anfänge der Farben haben, was für Veränderungen mit ihnen vorgehen und warum sie solches leiden, darüber kann man, wenn auch einige Zweifel diese Betrachtungen begleiten sollten, folgendermaßen denken:

40.
In allen Pflanzen ist der Anfang der Farbe grün, und die Knospen, die Blätter und die Früchte sind im Anfange von dieser Farbe.

41.
Man kann auch ebendasselbe am Regenwasser sehen, denn wenn es eine Weile gestanden hat und sodann vertrocknet, so erhält es eine grüne Farbe.

42.
Auf diese Weise geschieht es, daß allem demjenigen, was aus der Erde wächst, die grüne Farbe zuerst angehört; denn altes Wasser, worauf die Sonnenstrahlen gewirkt haben, hat anfänglich diese Farbe, hernach wird sie allmählich schwarz; vermischt man sie aber aufs neue mit dem Gelben, so erscheint sie wieder grün. Denn das Feuchte, wie schon gesagt ist, das in sich selbst veraltet und austrocknet, wird schwarz, wie der Bewurf von den Wasserbehältern, sowie alles, was sich immer unter dem Wasser befindet; weil die der Luft ausgesetzte Feuchtigkeit austrocknet. Schöpft man es aber und bringt es an die Sonne, so wird es grün, weil sich das Gelbe mit dem Schwarzen verbindet, wenn aber die Feuchtigkeit mehr ins Schwarze fällt, so gibt es ein sehr gesättigtes, lauchfarbes Grün.

43.
Deswegen auch alle ältere Knospen schwärzer sind als die neuen; diese aber gelblicher, weil die Feuchtigkeit in ihnen sich noch nicht völlig geschwärzt hat. Wenn nun aber bei langsamerem Wachstum die Feuchtigkeit lange in ihnen verweilt, so wird das der Luft ausgesetzte Feuchte nach und nach schwarz und die Farbe lauchartig, indem sie durch ein ganz reines Schwarz temperiert ist.

44.
Diejenigen Teile der Pflanzen aber, in denen das Feuchte nicht mit den Sonnenstrahlen gemischt wird, bleiben weiß, wenn sie nicht etwa schon veraltet und ausgetrocknet und daher schwarz geworden sind.

45.
Deswegen auch an den Pflanzen alles, was über der Erde steht, zuerst grün ist, unter der Erde aber Stengel, Wurzeln und Keime die weiße Farbe haben. Sowie man sie aber von der Erde entblößt, wird, wie gesagt ist, alles grün, weil die Feuchtigkeit, welche durch die Keime zu den übrigen Teilen durchseiht, die Natur dieser Farbe hat und zu dem Wachstum der Früchte sogleich verbraucht wird.

46.
Wenn die Früchte aber nicht mehr zunehmen, weil die Wärme die zufließende Nahrung nicht mehr beherrschen kann, sondern die Feuchtigkeit nur von der Wärme aufgelöst erhalten wird, so reifen alle Früchte, und indem teils von der Sonnenwärme, teils von der Wärme der Luft die Feuchtigkeit, die sich in den Früchten befindet, gar gekocht worden, nehmen sie nun andere Farben an, welche den Pflanzen eigen sind, wie wir ein Ähnliches beim Färben (38) gesehen haben; und so färben sie sich langsam; stark aber färben sich die Teile, welche gegen die Sonne und die Wärme stehen.

47.
Deswegen verwandeln die Früchte ihre Farben mit den Jahrszeiten.

48.
Wie bekannt ist. Denn was vorher grün war, nimmt, wenn es reift, die Farbe an, die seiner Natur gemäß ist.

49.
Denn sie können weiß, schwarz, braun, gelb, schwärzlich, schattenfarbig, gelbrot, wein- und safranfarbig werden und beinahe alle Farbenunterschiede annehmen.

50.
Wenn nun aber überhaupt die Mannigfaltigkeit der Farben daher entsteht, daß mehrere wechselweise Einfluß aufeinander haben, so folgt auch, daß bei den Farben der Pflanzen derselbe Fall sei.
Die Feuchtigkeit, indem sie die Pflanzengefäße durchseihet und durchspület, nimmt alle Farbenkräfte in sich, und wenn sie nun beim Reifen der Früchte durch Sonnen- und Luftwärme durchgekocht wird, treten die einzelnen Farben in sich zusammen und erscheinen abgesondert, einige schneller, andere langsamer.
Etwas Ähnliches begegnet beim Purpurfärben. Denn wenn man die Schnecke zerstößt, ihre Feuchtigkeit auspreßt und im Kessel kocht, so ist in der Küpe zuerst keine bestimmte Farbe zu sehen, nach und nach aber trennen sich die eingebornen Farben und mischen sich wieder, wodurch denn die Mannigfaltigkeit entsteht, als Schwarz, Weiß, Schatten- und Luftfarbe. Zuletzt wird alles purpurfarbig, wenn die Farben gehörig zusammengekocht sind, so daß wegen ihrer Mischung und Übergang aus einer in die andere keine der einzelnen Farben an sich mehr zu sehen ist.

51.
Dieses begegnet auch an Früchten. Denn bei vielen werden nicht alle Farben auf einmal gar gekocht, sondern einige zeigen sich früher, andere später, und eine wird in die andere verändert, wie man an den Trauben und Datteln sieht. Denn diese letzten werden zuerst rot; wenn aber das Schwarze in ihnen in sich zusammentritt, gehen sie in die Weinfarbe über. Zuletzt werden sie blau, wenn das Rote mit vielem und reinem Schwarz gemischt ist.

52.
Denn die Farben, welche später entstehen, verändern, wenn sie vorwalten, die ersten Farben, welches besonders bei schwarzen Früchten deutlich ist. Denn die meisten, welche zuerst grün aussehen, neigen sich ein wenig ins Rote und werden dann feuerfarb, aber bald verändern sie auch diese Farbe wieder, weil ein reines Schwarz sich ursprünglich in ihnen befindet.

53.
Es ist offenbar, daß auch die Reiser, die Härchen und die Blätter dieser Pflanzen einige Schwärze zeigen, weil sich eine solche Farbe häufig in ihnen befindet; daß aber die schwarzen Früchte beide Farben in sich haben, zeigt der Saft, welcher weinhaft aussieht.

54.
Bei der Entstehung aber ist die rote Farbe später als die schwarze, wie man an dem Pflaster unter den Dachtraufen sieht und überall, wo an schattigen Orten mäßiges Wasser fließt; alles verwandelt sich da aus der grünen in die rote Farbe, und das Pflaster wird, als wenn beim Schlachten frisches Blut ausgegossen worden wäre. Denn die grüne Farbe ist hier weiter durchgekocht worden, zuletzt aber wird’s auch hier sehr schwarz und blau, wie es an den Früchten geschieht.

55.
Davon aber, daß die Farbe der Früchte sich verwandelt, wenn die ersten Farben durch die folgenden überwältigt werden, lassen sich Beispiele an der Frucht des Granatbaums und an den Rosenblättern zeigen; denn beide sind anfänglich weiß, zuletzt aber, wenn die Säfte älter und durch Kochung gefärbt werden, so verwandeln sie sich in Purpur und hochrote Farbe.

56.
Manche Körper haben mehrere Farben in sich, wie der Saft des Mohns und die Neige des ausgepreßten Olivenöls; auch diese sind anfangs weiß, wie der Granatapfel, sodann gehen sie ins Hochrote über, zuletzt aber, wenn viel Schwarzes dazu kommt, wird die Farbe blau, deswegen auch die Blätter des Mohns oberhalb rot sind, weil die Kochung in ihnen sehr schnell vorgeht, gegen den Ansatz aber schwarz, da bereits diese Farbe in ihnen die Oberhand hat, wie auch bei der Frucht, die zuletzt schwarz wird.

57.
Bei solchen Pflanzen aber, in welchen nur eine Farbe herrscht, etwa die weiße, schwarze, hochrote, oder violette, behalten auch die Früchte diejenige Farbe, in welche sie sich einmal aus dem Grünen verändert haben.

58.
Auch findet man bei einigen, daß Blüte und Frucht gleiche Farbe hat, wie zum Beispiel am Granatapfel; denn hier ist die Frucht sowie die Blüte rot. Bei andern aber ist die Farbe beider sehr verschieden, wie beim Lorbeer und Efeu; denn an diesen sehen wir die Blüte ganz gelb und die Frucht schwarz. Die Blüte des Apfels neigt sich aus dem Weißen ins Purpurfarbne, die Frucht hingegen ist gelb. Die Blume des Mohns ist rot, aber die Frucht bald weiß, bald schwarz, weil die Kochung der einwohnenden Säfte zu verschiedenen Zeiten geschieht.

59.
Dieses bewährt sich aber auf vielerlei Weise. Denn einige Früchte verändern, mit der fortschreitenden Kochung, sowohl Farbe als Geruch und Geschmack. Auch ist hierin zwischen Blume und Frucht oft ein großer Unterschied.
Ja, an einer und derselben Blume bemerkt man eine solche Mannigfaltigkeit, indem das eine Blatt schwarz, das andere rot, das eine weiß, das andere purpurfarb sein kann, welches auffallend an der Iris gesehen wird; denn wegen mannigfaltiger Kochung hat diese Blume die verschiedensten Farben.
Ein Gleiches geschieht an den Trauben, wenn sie reifen.
Auch werden die Enden der Blumenblätter am meisten ausgekocht, denn da, wo sie am Stiel ansitzen, sind sie weniger gefärbt.

60.
Fast wird auch an einigen das Feuchte gleichsam aus gebrannt, ehe es seine eigentliche Kochung erreicht; daher behalten die Blumen ihre Farbe, die Früchte aber bei fort schreitender Kochung verändern die ihrige. Denn die Blumenblätter sind, wegen der geringen Nahrung, gleich durchgekocht; die Früchte aber lassen sich, wegen der Menge Feuchtigkeit, die in ihnen wohnt, beim Auskochen durch alle Farben durchführen, die ihrer Natur gemäß sind.
Etwas Ähnliches geschieht, wie schon vorher gesagt worden ist, auch beim Färben. Denn im Anfang, wenn die Purpurfärber die Blutbrühe ansetzen, wird sie dunkel, schwarz und luftfarbig; ist aber die Masse genug durchgearbeitet, so wird die Purpurfarbe blühend und glänzend.
Daher müssen auch die Blumen an Farbe von den Früchten sehr unterschieden sein; einige übersteigen gleichsam das Ziel, das ihnen die Natur gesteckt hat, andre bleiben dahinter zurück, die einen, weil sie eine vollendete, die andern, weil sie eine unvollendete Kochung erfahren.
Dies sind nun die Ursachen, warum Blüten und Früchte voneinander unterschiedene Farben zeigen.

61.
Die meisten Blätter mehrerer Bäume aber werden zuletzt gelb, weil die Nahrung abnimmt und sie eher welken, als sie in die (höchste) Farbe, die ihrer Natur möglich ist, übergehen. Auch werden einige abfallende Früchte gelb, weil ihnen die Nahrung vor der vollkommenen Kochung ausgeht.

62.
Ferner wird sowohl der Weizen als alles, was unmittelbar aus der Erde wächst, zuletzt gelb; denn in solchen Pflanzen wird das Feuchte nicht schwarz, sondern, weil sie schnell trocknen, geschieht ein Rückschritt in der Farbe.
Denn das Schwarze, mit dem Gelbgrünen verbunden, wird, wie gesagt, grasgrün; wo aber das Schwarze immer schwächer wird, geht die Farbe wieder ins Gelbgrüne und dann ins Gelbe.
Zwar werden die Blätter des Apium und der Andrachne, auch einiger andern Pflanzen, wenn sie vollkommen durchgekocht sind, hochrot; aber was an ihnen geschwind trocknet, wird gelb, weil ihm die Nahrung vor der völligen Kochung abgeht.
Daher kann man schließen, daß der Unterschied der Pflanzen (-Farben) sich aus den vorgesagten Ursachen herschreibt.

VI. Von den Farben der Haare, Federn und Häute
 
63.
Auch die Haare, Federn und Häute der Pferde, Ochsen, Schafe und Menschen sowie aller andern Tiere werden weiß, grau, rot oder schwarz aus derselben Ursache.

64.
Und zwar werden sie weiß, wenn das Feuchte, indem es vertrocknet, seine eigne Farbe behält.

65.
Schwarz hingegen werden sie, wenn das ursprüngliche Feuchte häufig genug vorhanden ist, so daß es langsam altern und zeitigen kann. Auf diese Weise werden Felle und Häute schwarz.

66.
Körper hingegen, welche eine braune, rote, gelbe, oder sonst eine Farbe haben, sind solche, die früher austrocknen, ehe das Feuchte vollkommen in die schwarze Farbe übergeht.

67.
Wenn aber dieses (Austrocknen) ungleich geschieht, so werden auch die Farben verschieden, wobei sich die Farbe der Haare nach der Farbe der Haut richtet. So sind die Haare rötlicher Menschen hellrot, schwarzer Menschen aber schwarz. Bricht aber eine weiße Stelle hervor, so sind die Haare ebenfalls auf der Stelle weiß, wie man auch bei scheckigen Tieren sieht, und so richten sich Haare und Federn nach der Haut, entweder zum Teil oder im ganzen.

68.
So verhält sich’s auch mit dem Hufe, den Klauen, dem Schnabel und den Hörnern. An schwarzen Tieren werden sie schwarz, an weißen aber weiß, weil auch bei diesen Teilen die Nahrung durch die Haut nach der äußeren Bedeckung durchseihet.

69.
Daß aber die angegebene Ursache die richtige sei, läßt sich an mancherlei Fällen erkennen. Denn die Häupter aller Knaben sind anfangs rot wegen geringerer Nahrung, eben deshalb sind die Haare schwach, dünn und kurz; bei fortschreitendem Alter hingegen werden sie schwarz, wenn die Kinder durch die Menge der zufließenden Nahrung mehr Farbe gewinnen.

70.
So ist es auch mit den Milchhaaren und dem Barte beschaffen. Wenn diese sich zu zeigen anfangen, so werden sie geschwind rot, wegen der wenigen Feuchtigkeit, die in ihnen austrocknet; wenn aber etwas mehr Nahrung zugeführt wird, so werden sie gleichfalls schwarz.

71.
An dem Körper also bleiben die Haare so lange rot, als ihnen die Nahrung fehlt; wenn sie aber wachsen, so werden sie auch schwarz, sowohl am Bart als auf der Scheitel.
Auch streitet für unsere Meinung der Umstand, daß bei solchen Geschöpfen, welche lange Haare haben, in der Nähe des Körpers die Haare schwärzer, gegen die Spitzen aber gelber werden, wie man bei Schafen, Pferden und Menschen sieht; weil gegen die Enden weniger Nahrung hingeführt wird und sie daselbst schneller vertrocknet.

72.
Auch die Federn schwarzer Vögel sind in der Nähe des Leibes am schwärzesten, an den Enden aber gelber. So verhalten sie sich auch um den Hals und überhaupt, wo sie geringere Nahrung empfangen. Imgleichen gehen alle Haare nach der Vollendung zurück und werden braunrot, weil die nun wieder abnehmende Nahrung schnell vertrocknet.

73.
Zuletzt aber werden sie weiß, wenn die Nahrung in denselben ausgekocht wird, ehe das Feuchte schwarz werden kann. Dies ist am sichtbarsten bei Tieren, welche unter dem Joche gehen. An solcher Stelle werden die Haare durchaus weiß; denn es kann daselbst die Nahrung nicht gleichförmig angezogen werden, und bei einer schwachen Wärme vertrocknet die Feuchtigkeit zu geschwind und wird weiß.

74.
Um die Schläfe werden die Haare am frühesten grau, sowie überhaupt an schwachen und leidenden Stellen.
Vorzüglich aber gehen Geschöpfe, wenn sie ausarten, in diese Farbe hinüber. So gibt es weiße Hasen, weiße Hirsche und Bären, auch kommen weiße Wachteln, Rebhühner und Schwalben vor. Dieses alles geschieht bei einer schwachen Zeugung und wegen Mangel von nährendem Stoff, der zu früh austrocknet, und so werden sie weiß.

75.
So sind auch anfangs die Kopfhaare der Kinder weiß, die Augenbraunen und Wimpern. Nicht weniger erfährt auch jedermann im Alter, daß sich die Haare bleichen, wegen Schwäche und Mangel an Nahrung.

76.
Deshalb sind auch meistenteils die weißen Tiere schwächer als die schwarzen; denn ehe ihr Bau vollendet werden kann, ist schon ihre mangelhafte Nahrung durchgekocht, und so werden sie weiß. Eben dieses begegnet den Früchten, welche kränkeln, denn diese sind auch wegen ihrer Schwäche bald durchgekocht.

77.
Die Tiere aber, welche weiß werden und von andern auf diese Art sich unterscheiden, als Pferde und Hunde, gehen aus ihrer natürlichen Farbe in das Weiße hinüber wegen reichlicher Nahrung; denn das Feuchte in ihnen veraltet nicht, sondern wird zum Wachstum verbraucht und weiß. Die meisten dieser Geschöpfe sind feucht und fruchtbar wegen reichlicher Nahrung, daher auch die weiße Farbe in keine andere übergeht, (weil sie schon das Ende erreicht hat) so wie dagegen schwarze Haare, ehe sie grau werden, durch das Rote durchgehen und zuletzt weiß werden.

78.
Übrigens glauben einige, alles werde schwarz, weil die Nahrung von der Wärme verbrannt werde, so wie beim Blut und manchem andern geschieht, worin sie jedoch irren.
Denn einige Tiere werden gleich anfangs schwarz, als Hunde, Ziegen und Ochsen und überhaupt alle diejenigen, deren Häute und Haare von Anfang genugsame Nahrung haben, bei fortschreitenden Jahren aber weniger. Doch sollten (wenn jene Meinung wahr wäre) die Haare zu Anfang vielmehr weiß sein und erst, wenn das Tier auf dem Gipfel seiner Kraft steht, schwarz werden, als um welche Zeit auch seine Wärme den höchsten Punkt erreicht hat. Denn zu Anfang der Organisation ist die Wärme viel schwächer als um die Zeit, wo (sonst) das Haar (wieder) weiß zu werden anfängt.

79.
Die Unrichtigkeit jener Meinung ergibt sich auch an den weißen Tieren. Einige sind nämlich gleich anfänglich von der weißesten Farbe, denen gleich anfangs die meiste Nahrung zufließt und in denen die Feuchtigkeit nicht vor der Zeit vertrocknet; hingegen bei fortschreitendem Alter, wenn ihnen mindere Nahrung zufließt, werden sie gelb. Andere sind von Anfang gelb und auf dem Gipfel ihres Wachstums sehr weiß. Wie denn auch die Farbe der Vögel sich wieder verändert; wenn die Nahrung abnimmt, werden sie alle gelb, besonders um den Hals und überhaupt an allen den Stellen, welche bei abnehmender Feuchtigkeit Mangel an Nahrung haben. Denn so wie das Rötliche ins Weiße sich verwandelt und das Schwarze ins Rötliche, so geht auch das Weiße ins Gelbe über.

80.
Etwas Ähnliches begegnet auch mit den Pflanzen. Denn einige, wenn sie schon durch Kochung in eine andere Farbe übergegangen, kehren doch wieder zur ersten zurück. Dieses ist am deutlichsten am Granatapfel zu sehen; denn im Anfange sind die Kerne der Äpfel rot, so wie die Blätter, weil nur geringe Nahrung ausgekocht wird; dann werden sie grün, wenn viel Saft zuströmt und die Kochung nicht mit gleicher Kraft vor sich geht. Zuletzt aber, wenn die Kochung vollendet ist, entsteht wieder die rote Farbe.

81.
Überhaupt aber gilt von den Haaren und Federn, daß sie sich verändern, teils, wenn ihnen die Nahrung fehlt, teils, wenn sie zu reichlich ist. Deshalb werden auf verschiedenen Stufen des Alters die Haare sehr weiß, sowie sehr schwarz. Manchmal gehen sogar die Rabenfedern in eine gelbe Farbe über, wenn ihnen die Nahrung mangelt.

82.
Unter den Haaren gibt es aber keine scharlach- noch purpurrote, so wenig als lauchgrüne oder von sonst einer Farbe dieser Art, weil diese Farben zu ihrer Entstehung die Beimischung der Sonnenstrahlen bedürfen. Diese nehmen aber die feuchten Haare nicht an, sondern sie sind an innere Veränderungen gebunden. Dagegen sind die Federn zu Anfang nicht wie in der Folge gefärbt. Denn auch die bunten Vögel haben anfangs fast alle schwarze Federn, als der Pfau, die Taube und die Schwalbe. Nachher nehmen sie aber große Mannigfaltigkeit an, indem die Kochung außerhalb des Körpers vor sich geht, sowohl in den Kielen als in den Verzweigungen derselben, wie bei den Pflanzen außerhalb der Erde; (daher können die Lichtstrahlen zu Entstehung mannigfaltiger Farben mitwirken.)
So haben auch die übrigen Tiere, die schwimmenden, kriechenden und beschalten, alle Arten der Farben, weil bei ihnen auch eine vielfache Kochung vorgeht.
Und so möchte einer wohl die Theorie der Farben aus dem Gesagten einzusehen imstande sein.