Marcus Marci

geboren 1595, gestorben 1667
Die großen Wirkungen, welche Kepler und Tycho de Brahe, in Verbindung mit Galilei, im südlichen Deutschland hervorgebracht, konnten nicht ohne Folge bleiben, und es läßt sich bemerken, daß in den kaiserlichen Staaten, sowohl bei einzelnen Menschen als ganzen Gesellschaften, dieser erste kräftige Anstoß immer fortwirkt.
Marcus Marci, etliche und zwanzig Jahre jünger als Kepler, ob er sich gleich vorzüglich auf Sprachen gelegt hatte, scheint auch durch jenen mathematisch- astronomischen Geist angeregt worden zu sein. Er war zu Landskron geboren und zuletzt Professor in Prag. Bei allen seinen Verdiensten, die von seinen gleichzeitigen Landsleuten höchlich geschätzt wurden, fehlte es ihm doch eigentlich, soviel wir ihn beurteilen können, an Klarheit und durchdringendem Sinn. Sein Werk, das uns hier besonders angeht, Thaumantias, Liber de arcu coelesti, deque colorum apparentium natura, ortu et causis, zeugt von dem Ernst, Fleiß und Beharrlichkeit des Verfassers; aber es hat im ganzen etwas Trübseliges. Er ist mit den Alten noch im Streit, mit den Neuern nicht einig, und kann die Angelegenheit, mit der er sich eigentlich beschäftigt, nicht in die Enge bringen; welches freilich eine schwere Aufgabe ist, da sie nach allen Seiten hindeutet.
Einsicht in die Natur kann man ihm nicht absprechen; er kennt die prismatischen Versuche sehr genau; die dabei vorkommende farblose Refraktion, die Färbung sowohl in objektiven als subjektiven Fällen hat er vollständig durchgearbeitet: es mangelt ihm aber an Sonderungsgabe und Ordnungsgeist. Sein Vortrag ist unbequem, und wenn man auch begreift, wie er auf seinem Weg zum Zweck zu gelangen glaubte, so ist es doch ängstlich, ihm zu folgen.
Bald stellt er fremde Sätze auf, mit denen er streitet, bald seine eigenen, denen er gleichfalls opponiert, sodann aber sie wieder rechtfertigt, dergestalt daß nichts auseinander tritt, vielmehr eins über das andre hingeschoben wird.
Die prismatischen Farben entstehen ihm aus einer Kondensation des Lichts; er streitet gegen die, welche den Schatten zu einer notwendigen Bedingung dieser Erscheinung machen, und muß doch bei subjektiven Versuchen sepimenta und interstitia umbrosa verlangen und hinzufügen: cuius ratio est, quod species lucis aut color se mediam infert inter umbrosa intervalla. Auch ist zu bemerken, daß wir bei ihm schon eine diverse Refraktion finden.
So wie in Methode und Vortrag, also auch in Sprache und Stil ist er Keplern entgegengesetzt. Wenn man bei diesem mit Lust Materien abgehandelt sieht, die man nicht kennt, und ihn zu verstehen glaubt; so wird bei jenem dasjenige, was man sehr gut versteht, wovon wir die genaueste Kenntnis haben, durch eine düstre Behandlung verworren, trüb, ja man darf sagen ausgelöscht. Um sich hiervon zu überzeugen, lese derjenige, dem die subjektiven prismatischen Versuche vollkommen bekannt sind, die Art, wie der Verfasser das Phänomen erklärt (…).