XXXVII.
501.
Als wir oben in der Abteilung von physischen Farben trübe Mittel behandelten, sahen wir die Farbe eher, als das Weiße und Schwarze. Nun setzen wir ein gewordnes Weißes, ein gewordnes Schwarzes fixiert voraus und fragen, wie sich an ihm die Farbe erregen lasse.
502.
Auch hier können wir sagen, ein Weißes, das sich verdunkelt, das sich trübt, wird gelb; das Schwarze, das sich erhellt, wird blau.
503.
Auf der aktiven Seite, unmittelbar am Lichte, am Hellen, am Weißen entsteht das Gelbe. Wie leicht vergilbt alles, was weiße Oberflächen hat, das Papier, die Leinwand, Baumwolle, Seide, Wachs; besonders auch durchsichtige Liquoren, welche zum Brennen geneigt sind, werden leicht gelb, das heißt mit andern Worten, sie gehen leicht in eine gelinde Trübung über.
504.
So ist die Erregung auf der passiven Seite am Finstern, Dunkeln, Schwarzen sogleich mit der blauen, oder vielmehr mit einer rötlichblauen Erscheinung begleitet. Eisen in Schwefelsäure aufgelöst und sehr mit Wasser diluiert bringt in einem gegen das Licht gehaltnen Glase, sobald nur einige Tropfen Gallus dazu kommen, eine schöne violette Farbe hervor, welche die Eigenschaften des Rauchtopases, das Orphninon eines verbrannten Purpurs, wie sich die Alten ausdrücken, dem Auge darstellt.
505.
Ob an den reinen Erden durch chemische Operationen der Natur und Kunst, ohne Beimischung von Metallkalken eine Farbe erregt werden könne, ist eine wichtige Frage die gewöhnlich mit Nein beantwortet wird. Sie hängt vielleicht mit der Frage zusammen, inwiefern sich durch Oxydation den Erden etwas abgewinnen lasse.
506.
Für die Verneinung der Frage spricht allerdings der Umstand, dass überall, wo man mineralische Farben findet sich eine Spur von Metall, besonders von Eisen zeigt, wobei man freilich in Betracht zieht, wie leicht sich das Eisen oxydiere, wie leicht der Eisenkalk verschiedene Farben annehme, wie unendlich teilbar derselbe sei und wie geschwind er seine Farbe mitteile. Demungeachtet wäre zu wünschen, dass neue Versuche hierüber angestellt und die Zweifel entweder bestärkt oder beseitigt würden.
507.
Wie dem auch sein mag, so ist die Rezeptivität der Erden gegen schon vorhandne Farben sehr groß, worunter sich die Alaunerde besonders auszeichnet.
508.
Wenn wir nun zu den Metallen übergehen, welche sich im unorganischen Reiche beinahe privativ das Recht, farbig zu erscheinen, zugeeignet haben, so finden wir, dass sie sich in ihrem reinen, selbständigen, regulinischen Zustande schon dadurch von den reinen Erden unterscheiden, dass sie sich zu irgendeiner Farbe hinneigen.
509.
Wenn das Silber sich dem reinen Weißen am meisten nähert, ja das reine Weiß, erhöht durch metallischen Glanz, wirklich darstellt, so ziehen Stahl, Zinn, Blei und so weiter ins bleiche Blaugraue hinüber, dagegen das Gold sich zum reinen Gelben erhöht, das Kupfer zum Roten hinanrückt, welches unter gewissen Umständen sich fast bis zum Purpur steigert, durch Zink hingegen wieder zur gelben Goldfarbe hinabgezogen wird.
510.
Zeigen Metalle nun im gediegenen Zustande solche spezifische Determinationen zu diesem oder jenem Farbenausdruck, so werden sie durch die Wirkung der Oxydation gewissermaßen in eine gemeinsame Lage versetzt. Denn die Elementarfarben treten nun rein hervor, und obgleich dieses und jenes Metall zu dieser oder jener Farbe eine besondre Bestimmbarkeit zu haben scheint, so wissen wir doch von einigen, dass sie den ganzen Farbenkreis durchlaufen können, von andern, dass sie mehr als eine Farbe darzustellen fähig sind; wobei sich jedoch das Zinn durch seine Unfärblichkeit auszeichnet. Wir geben künftig eine Tabelle, inwiefern die verschiedenen Metalle mehr oder weniger durch die verschiedenen Farben durchgeführt werden können.
511.
Dass die reine glatte Oberfläche eines gediegenen Metalles bei Erhitzung von einem Farbenhauch überzogen wird, welcher mit steigender Wärme eine Reihe von Erscheinungen durchläuft, deutet nach unserer Überzeugung auf die Fähigkeit der Metalle, den ganzen Farbenkreis zu durchlaufen. Am schönsten werden wir dieses Phänomen am polierten Stahl gewahr, aber Silber, Kupfer, Messing, Blei, Zinn lassen uns leicht ähnliche Erscheinungen sehen. Wahrscheinlich ist hier eine oberflächliche Säurung im Spiele, wie man aus der fortgesetzten Operation, besonders bei den leichter verkalklichen Metallen schließen kann.
512.
Dass ein geglühtes Eisen leichter eine Säurung durch saure Liquoren erleidet, scheint auch dahin zu deuten, indem eine Wirkung der andern entgegenkommt. Noch bemerken wir, dass der Stahl, je nachdem er in verschiedenen Epochen seiner Farbenerscheinung gehärtet wird, einigen Unterschied der Elastizität zeigen soll, welches ganz naturgemäß ist, indem die verschiedenen Farbenerscheinungen die verschiedenen Grade der Hitze andeuten.
513.
Geht man über diesen oberflächlichen Hauch, über dieses Häutchen hinweg, beobachtet man, wie Metalle in Massen penetrativ gesäuert werden, so erscheint mit dem ersten Grade Weiß oder Schwarz, wie man beim Bleiweiß, Eisen und Quecksilber bemerken kann.
514.
Fragen wir nun weiter nach eigentlicher Erregung der Farbe, so finden wir sie auf der Plusseite am häufigsten. Das oft erwähnte Anlaufen glatter metallischer Flächen geht von dem Gelben aus. Das Eisen geht bald in den gelben Ocker, das Blei aus dem Bleiweiß in den Massicot, das Quecksilber aus dem Äthiops in den gelben Turbit hinüber Die Auflösungen des Goldes und der Platina in Säuren sind gelb.
515.
Die Erregungen auf der Minusseite sind seltner. Ein wenig gesäuertes Kupfer erscheint blau. Bei Bereitung des Berlinerblau sind Alkalien im Spiele.
516.
Überhaupt aber sind diese Farbenerscheinungen von so beweglicher Art, dass die Chemiker selbst, sobald sie ins Feinere gehen, sie als trügliche Kennzeichen betrachten. Wir aber können zu unsern Zwecken diese Materie nur im Durchschnitt behandeln und wollen nur so viel bemerken, dass man vielleicht die metallischen Farbenerscheinungen, wenigstens zum didaktischen Behuf, einstweilen ordnen könne, wie sie durch Säurung, Aufsäurung, Absäurung und Entsäurung entstehen, sich auf mannigfaltige Weise zeigen und verschwinden.