35.
Ein grosser Teil chromatischer Versuche verlangt ein mässiges Licht. Dieses können wir sogleich durch mehr oder minder graue Flächen bewirken, und wir haben uns daher mit dem Grauen zeitig bekannt zu machen, wobei wir kaum zu bemerken brauchen, dassin manchen Fällen eine im Schatten oder in der Dämmerung stehende weisse Fläche für eine graue gelten kann.
36.
Da eine graue Fläche zwischen Hell und Dunkel innen steht, so lässt sich das, was wir oben (29) als Phänomen vorgetragen, zum bequemen Versuch erheben.
37.
Man halte ein schwarzes Bild vor eine graue Fläche und sehe unverwandt, indem es weggenommen wird, auf denselben Fleck; der Raum, den es einnahm, erscheint um vieles heller. Man halte auf eben diese Art ein weisses Bild hin, und der Raum wird nachher dunkler als die übrige Fläche erscheinen. Man verwende das Auge auf der Tafel hin und wieder, so werden in beiden Fällen die Bilder sich gleichfalls hin und her bewegen.
38.
Ein graues Bild auf schwarzem Grunde erscheint viel heller als dasselbe Bild auf weissem. Stellt man beide Fälle nebeneinander, so kann man sich kaum überzeugen, daß beide Bilder aus einem Topf gefärbt seien. Wir glauben hier abermals die große Regsamkeit der Netzhaut zu bemerken und den stillen Widerspruch, den jedes Lebendige zu äussern gedrungen ist, wenn ihm irgendein bestimmter Zustand dargeboten wird. So setzt das Einatmen schon das Ausatmen voraus und umgekehrt; so jede Systole ihre Diastole. Es ist die ewige Formel des Lebens, die sich auch hier äussert. Wie dem Auge das Dunkle geboten wird, so fordert es das Helle; es fordert Dunkel, wenn man ihm Hell entgegenbringt, und zeigt eben dadurch seine Lebendigkeit, sein Recht, das Objekt zu fassen, indem es etwas, das dem Objekt entgegengesetzt ist, aus sich selbst hervorbringt.