geboren 1618, gestorben 1689
Sohn und Bruder vorzüglicher Gelehrten und für die Wissenschaften tätiger Mensch. Frühe wird er in alten Sprachen und den damit verbundenen Kenntnissen unterrichtet. In ihm entwickelt sich eine leidenschaftliche Liebhaberei zu Manuskripten. Er bestimmt sich zum Herausgeber alter Autoren und beschäftigt sich vorzüglich mit geographischen und astronomischen Werken. Hier mag er empfinden, wie notwendig zu Bearbeitung derselben Sachkenntnisse gefordert werden; und so nähert er sich der Physik und Mathematik. Weite Reisen befördern seine Naturanschauung.
Wie hoch man seine eigenen Arbeiten in diesem Fache anzuschlagen habe, wollen wir nicht entscheiden. Sie zeugen von einem hellen Verstand und ernsten Willen. Man findet darin originelle Vorstellungsarten, welche uns Freude machen, wenn sie auch mit den unsrigen nicht übereinstimmen. Seine Zeitgenossen, meist Descartes› Schüler, sind übel mit ihm zufrieden und lassen ihn nicht gelten.
Uns interessiert hier vorzüglich sein Werk De lucis natura et proprietate. Amstelodami 1662; wozu er später einen polemischen Nachtrag herausgegeben. Wie er über die Farben gedacht, lassen wir ihn selbst vortragen.
Im 23. Kapitel: Alle einfachen Körper seien durchsichtig.
«Opak, das heißt undurchsichtig, werden alle Körper genannt, die gefärbt sind und das Licht nicht durchlassen. Genau genommen ist eigentlich nichts vollkommen durchsichtig als der leere Raum, indem die meisten Körper, ob sie gleich klar erscheinen, eben weil sie gesehen werden, offenbar etwas von Undurchsichtigkeit an sich haben.»
24. Kapitel: Die Farben seien kein Licht, und woher sie entspringen
«Daß also einige Körper durchsichtig, andre aber opak erscheinen, dieses rührt von nichts anderm als von der Beimischung der Farbe her. Wenn es keine Farben gäbe, so würde alles durchsichtig oder weiß aussehen. Es gibt keinen Körper, er sei flüssig oder fest und dicht, der nicht sogleich durchsichtig würde, sobald man die Farbe von ihm trennt. Daher ist die Meinung derer nicht richtig, welche die Farbe ein modifiziertes Licht nennen, da dem Lichte nichts so entgegen ist als die Farbe. Wenn die Farben Licht in sich hätten, so würden sie auch des Nachts leuchten, welches doch nicht der Fall ist.»
«Ursache und Ursprung der Farben daher kommt allein von dem Feuer oder der Wärme. Wir können dieses daran sehen, daß in kalten Gegenden alles weiß ist, ja selbst die Tiere weiß werden, besonders im Winter. Die Weiße aber ist mehr der Anfang der Farben als Farbe selbst.»
«An heißen Orten hingegen findet sich die ganze Mannigfaltigkeit der Farben. Was auch die Sonne mit ihren günstigen Strahlen bescheint, dieses nimmt sogleich eine angenehme und erfreuliche Färbung an. Findet sich auch in kalten Gegenden manchmal etwas Gefärbtes, so ist es doch nur selten und schwach und deutet mehr auf ein Bestreben einer abnehmenden Natur als ihre Macht und Gewalt an, wie denn ein einziges indisches Vögelchen eine größere Farbenmannigfaltigkeit leistet als das sämtliche Vögelgeschlecht, das norwegische und schwedische Wälder bevölkert. Ebenso verhält sich’s mit den übrigen Tieren, Pflanzen und Blumen; denn in jenen Gegenden findest du nicht einmal die Täler mit leuchtenden und lebhaften Farben geschmückt, man müßte sie denn durch Kunst hervorbringen oder der Boden müßte von einer besondern Beschaffenheit sein. Gelangt man weiter nach Norden, so begegnet einem nichts als Graues und Weißes. Deswegen nehmen wir an: die Ursache der Farben sei das Verbrennen der Körper.»
25. Kapitel: Die Materie der Farben rühre von der Eigenschaft des Schwefels her
«Der Grundstoff der Farben schreibt sich nirgends anders her als von dem Schwefel, der einem jeden Körper beige mischt ist. Nach dem verschiedenen Brennen dieses Elements entstehen auch die verschiedenen Farben: denn der natürliche Schwefel, solange er weder Wärme noch Feuer erfahren hat, ist durchsichtig; wird er aufgelöst, dann nimmt er verschiedene Farben an und verunreinigt die Körper, denen er beigemischt ist. Und zwar erscheint er zuerst grün, dann gelb, sodann rot, dann purpurfarb, und zuletzt wird er schwarz. Ist aller Schwefel erschöpft und verzehrt, dann lösen sich die Körper auf, alle Farbe geht weg und nichts bleibt als eine weiße oder durchsichtige Asche; und so ist die Weiße der Anfang aller Farben und das Schwarze das Ende. Das Weiße ist am wenigsten Farbe; das Schwarze hingegen am meisten. Und nun wollen wir die einzelnen Arten und Stufen der Farbe durchgehen.»
66. Kapitel: Die Ordnung der Farben
«Die erste Farbe daher, wenn man es Farbe nennen kann, ist das Weiße. Dieses tritt zunächst an das Durchsichtige, und da alle Körper von Natur durchsichtig sind, so kommt hier zuerst das Düstre (opacitas) hinzu, und der Körper wird sichtbar bei dem geringsten Lichte, auch wenn der Schwefel nicht schmilzt, den wir jedem Körper zugeschrieben haben. Denn jeder durchsichtige Körper, wenn er zerrieben wird, so daß eine Verschiedenheit der Oberflächen entsteht, erscheint sogleich weiß, und es ist ganz einerlei, ob die Materie fest oder flüssig gewesen. Man verwandle Wasser zu Schaum oder Glas in Pulver, so wird sich die Durchsichtigkeit sogleich in das Weiße verwandeln. Und zwar ist dieses die erste Art des Weißen, und wenn du sie allein betrachtest, so kann man die Weiße nur uneigentlich zu den Farben zählen. Denn wenn du die einzelnen Körperchen und ihre kleinsten Oberflächen besonders ansiehst, so bleibt ihnen die Durchsichtigkeit, und bloß die Stellung, die Lage der Körper betriegt den Anblick.»
«Aber eine andre Art des Weißen gibt es, wenn in einem durchsichtigen Körper durch Einwirkung des Lichtes und der Wärme die zarteren Teile des Schwefels schmelzen und angezündet werden: denn da auf diese Weise die Körper austrocknen und dünner werden, so folgt daraus, daß auch verschiedene neue Oberflächen entstehen, und auf diese Art werden durchsichtige Dinge, auch ehe die Tinktur des Schwefels hinzutritt, weiß. Denn es ist eine allgemeine Regel, daß jeder klein zerstückte Körper weiß werde, und umgekehrt, daß jeder weiße Körper aus kleinen durchsichtigen Teilen bestehe.»
«Zunächst an der Weiße folgen zwei Farben, das blässere Grün und das Gelbe. Ist die Wärme schwach, die das, was schweflicht ist, in den Körpern auflösen soll, so geht das Grüne voraus, welches roher und wäßriger ist als das Gelbe. Verursacht aber die Wärme eine mächtigere Kochung, so tritt sogleich nach dem Weißen ein Gelbes hervor, das reifer ist und feuriger. Folgt aber auf diese Art das Gelbe dem Weißen, so bleibt kein Platz mehr für das Grüne. Denn auch in den Pflanzen wie in andern Körpern, wenn sie grün werden, geht das Grüne dem Gelben voraus.»
«In welcher Ordnung man auch die Farben zählt, so ist die mittlere immer rot. Am mächtigsten ist hier das flammende Rot, und dieses entsteht nicht aus dem Weißen und Schwarzen, sondern es ist dem Schwefel seinen Ursprung schuldig. Und doch lassen sich aus dem Roten, dem Weißen und Schwarzen alle Farben zusammensetzen.»
«Entsteht nämlich eine größere Verbrennung der Körper und des Schwefels, so erscheint die Purpur- und blaue Farbe, deren Mischung bekannt ist. Die Grenze der Farbe jedoch, sowie die letzte Verbrennung ist die Schwärze. Dieses ist die letzte Tinktur des Schwefels und seine letzte Wirkung. Hierauf folgt die Auflösung der Körper. Wenn aber der Schwefel erschöpft und die Feuchtigkeit aufgezehrt ist, so bleibt nichts als die weiße und durchsichtige Asche. Gibst du dieser die Feuchtigkeit und den Halt wieder, so kehren die Körper in ihren ersten Zustand zurück.»
«In denjenigen Flammen, wie sie täglich auf unserm Herde aufsteigen, ist die entgegengesetzte Ordnung der Farben. Denn je dunkler die Tinktur des Schwefels in der Kohle ist, desto reiner und weißer steigt die Flamme auf. Jedoch ist die Flamme, die zuerst aufsteigt, wegen beigemischten Unrats, dunkel und finster; dann wird sie purpurfarb, dann rötet sie sich und wird gelb. Fängt sie an, weiß zu werden, so ist es ein Zeichen, daß Schwefel und brennbare Materien zu Ende gehen.»
«Es gibt aber weder eine völlig schwarze, noch völlig weiße Flamme. Wird sie zu sehr verdunkelt, dann ist es Rauch, nicht Flamme; wird sie zu sehr weiß, so kann sie auch nicht länger bestehen, da ihr der Schwefel ausgeht.»
«Und so glaub› ich, ist deutlich genug, warum verschiedene Körper, nach der verschiedenen Tinktur des Schwefels, sich auf eine verschiedene Weise gefärbt sehen lassen, und ich hoffe, hier werden mir die Chemiker nicht entgegen sein, die, ob sie gleich, wie überhaupt, also auch von den Farben, sehr verworren und rätselhaft sprechen, doch nicht viel von dem, was wir bisher ausgesprochen, abzuweichen scheinen.»
27. Kapitel: Wie die apparenten Farben erzeugt werden
«Nun ist aber eine andere Frage zu beantworten, welche verwickelter und schwerer ist: woher nämlich die Farben kommen, welche von ihren Körpern gewissermaßen abgesondert sind, welche man die apparenten nennt, wie die Farben des Regenbogens, der Morgenröte und die, welche durch gläserne Prismen sich ausbreiten. Aus dem, was wir gesagt haben, erhellt, wie mich dünkt, genugsam, daß die Flamme jederzeit der Farbe des Schwefels folgt und alle Farben zuläßt, außer dem Schwarzen und dem völlig Weißen. Denn der Schwefel enthält wohl die beiden Farben, aber eigentlich in der Flamme können sie nicht sein. Weiß zwar erscheinen zarte Flämmchen; wenn sie es aber vollkommen wären und nicht noch etwas von anderer Farbe zugemischt hätten, so wären sie durchsichtig und würden kein Licht oder ein sehr schwaches verbreiten. Daß aber eine Flamme schwarz sei, ist gegen die Vernunft und gegen die Sinne.»
«Dieses festgesetzt, fahr› ich fort: wie die Farbe des Schwefels in der verbrennlichen Materie, so ist auch die Farbe der Flammen, wie aber die Flamme, so ist auch das Licht, das von ihr ausgebreitet wird; da aber die Flamme alle Farben enthält und begreift, so ist notwendig, daß das Licht dieselbe Eigenschaft habe. Deswegen sind auch in dem Licht alle Farben, obgleich nicht immer sichtbar. Denn wie eine mächtige Flamme weiß und einfärbig erscheint, wenn man sie aber durch einen Nebel oder andern dichten Körper sieht, verschiedene Farben annimmt, auf eben diese Weise bekleidet sich das Licht, ob es gleich unsichtbar oder weiß ist, wenn es durch ein gläsernes Prisma oder durch eine feuchte Luft durchgeht, mit verschiedenen Farben.»
«Ob nun gleich in dem reinen Licht keine Farben erscheinen, so sind sie demungeachtet wahrhaft in dem Licht enthalten. Denn wie ein größeres Licht einem geringeren schadet, so verhindert auch ein reines Licht, das verdunkelte Licht zu sehen. Daß aber ein jedes Licht Farben mit sich führe, kann man daraus folgern, daß, wenn man durch eine Glaslinse oder auch nur durch eine Öffnung Licht in eine dunkle Kammer fallen läßt, sich auf einer entferntern Mauer oder Leinwand alle Farben deutlich zeigen, da doch an den Kreuzungspunkten der Strahlen und an den Stellen, die der Linse allzunah sind, keine Farben, sondern das bloße Licht erscheint.»
«Da nun aber das Licht Form und Bild des Feuers ist, welche aus dem Feuer nach allen Seiten hinstrahlen, so sind auch die Farben, die das Licht mitbringt, Formen und Bilder der Farben, welche wahrhaft und auf eine materielle Weise sich in dem Feuer befinden, von dem das Licht umhergesendet wird.»
«Wie aber Flamme und Feuer, je schwächer sie sind, ein desto schwächeres Licht von sich geben, so auch nach Gesetz und Verhältnis der wahren und materialisierten Farbe, die in der Flamme ist, wachsen und nehmen ab die apparenten Farben im Lichte.»
«Und wie nun bei abnehmender Flamme auch das Licht geschwächt wird, so verschwindet auch die apparente Farbe, wenn die wahre Farbe abnimmt. Deswegen wirft das gläserne Prisma bei Nacht oder bei schwachem Lichte keine Farben umher, es gibt keine farbigen Phänomene, die Mondscheinregenbogen sind blaß, nichts erscheint irgend feurig oder von einer andern deutlichen Farbe tingiert.»
«So wie auch keine Flamme vollkommen schwarz oder weiß ist, so sind auch keine apparenten Farben weiß oder schwarz, sondern so wie bei der Flamme, so auch im Lichte sind das Gelbe und Blaue die Grenzen der Farbe.»
«Und hieraus, wenn ich nicht irre, ergibt sich deutlich, was die wahre, permanente und fixe Farbe sei, desgleichen die vergängliche, unstäte, die sie auch apparent nennen. Denn die wahre Farbe ist ein Grad, eine Art der Verbrennung in irgendeinem Körper; die apparente Farbe aber ist ein Bild einer wahren Farbe, das man außer seiner Stelle sieht. Wie man aber auch die wahren Farben mit den apparenten zusammenhalten und vergleichen will, so werden sie sich immer wie Ursache zu Ursache und wie Wirkung zu Wirkung verhalten, und was den fixen Farben begegnet, wird auch den Bildern, welche von denselben erzeugt werden, geschehen. Trifft dieses manchmal nicht vollkommen ein, so ereignet sich’s wegen der Lage und Gestalt der Körper, wodurch die Bilder durchgeführt und fortgepflanzt werden.»
Hier sehen wir also einige Jahre früher, als Newton sich mit diesem Gegenstande beschäftigt, seine Lehre völlig ausgesprochen. Wir streiten hier nicht mit Isaac Vossius, sondern führen seine Meinung nur historisch an. Die Tendenz jener Zeit, den äußeren Bedingungen ihren integrierenden Anteil an der Farbenerscheinung abzusprechen und ihnen nur einen anregenden, entwicklenden Anstoß zuzuschreiben, dagegen alles im Lichte schon im voraus zu synthesieren, zusammenzufassen, zu verstecken und zu verheimlichen, was man künftig aus ihm hervorholen und an den Tag bringen will, spricht sich immer deutlicher aus, bis zuletzt Newton mit seinen Ibilitäten hervortritt, den Reihen schließt und, obgleich nicht ohne Widerspruch, dieser Vorstellungsart den Ausschlag gibt. Wir werden in der Folge noch Gelegenheit haben, anzuzeigen, was noch alles vorausgegangen, um Newtons Lehre den Weg zu bahnen; können aber hier nicht unbemerkt lassen, daß schon Matthäus Pankl, in seinem Compendium Institutionum physicarum, Posoniae 1793, unsern Isaac Vossins für einen Vorläufer Newtons erklärt, indem er sagt: «Den Alten war das Licht das einfachste und gleichartigste Wesen. Zuerst hat Isaac Vossius vermutet, die Mannigfaltigkeit der Farben, die wir an den Körpern wahrnehmen, komme nicht von den Körpern, sondern von Teilchen des Lichts her.»