Ob der Florentiner Cimabue oder Guido von Siena, ob der Pisaner Berlingheri oder irgendein anderer aus dem dreizehnten Jahrhundert der erste gewesen, der seine Augen wieder auf die Natur gewendet, dieselbe nachzuahmen sich bemüht und dadurch den in der Irre schlafenden Genius der Kunst wieder geweckt und auf den rechten Weg geführt, in diesen Streit, der schon manche Feder abgenutzt, lassen wir uns nicht ein; genug für unsern gegenwärtigen Endzweck, daß Cimabue in jener ersten Zeit der neuern Kunst, wenn auch nicht vor allen andern die Bahn gebrochen, doch wenigstens die bedeutendsten Fortschritte gemacht. Vorzüglich ist er uns merkwürdig, weil sein Kolorit, oder besser zu sagen, seine Farben, wiewohl noch im Licht weiß, in den Schatten braun und schmutzig, doch im ganzen betrachtet unstreitig etwas freundlicher sind, heller und munterer, als wir sie bei seinen übrigen Zeitgenossen gewahr werden.
Durch Cimabues Schüler, den großen Giotto, erhielt die Kunst wichtige Verbesserungen. Das Kolorit in seinen besten Werken unterscheidet sich von dem seines Meisters vorteilhaft durch wärmere Fleischtinten. Die Schatten oder vielmehr die dunklen Partien sind zwar fast ebenso schwach, aber etwas weniger schmutzig und fallen zuweilen ins Grauliche.
Unter Simon Memmi, Thaddäus Gaddi und andern sonst berühmten Schülern des Giotto gewann das Kolorit nichts, als daß es in einigen Arbeiten des erwähnten Gaddi kräftiger mit besser auseinandergesetzten Farben erscheint. Giottino, der etwas später als die Genannten auftrat, brachte mehr Übereinstimmung ins Ganze, bediente sich blühenderer Tinten und verstand bereits, dieselben nach Erfordernis des Gegenstandes abzuwechseln. Vornehmlich sind die Schattenpartien durch ihn kräftiger geworden, haben auch etwas mehr Wahrheit erhalten als in den Werken der früheren Meister der Fall ist.
Durch den Lorenzo di Bicci erhielt das Kolorit abermals Verbesserungen. Dieser Künstler liebte das Helle und Muntere der Farben und wußte die Massen der Lokaltinten rein aufzutragen und zart abzuwechseln, so daß man in einigen noch übrigen Arbeiten von ihm Gewänder von derselben Farbe wahrnimmt, welche mit vollkommen befriedigender Kunst nur um eine zarte Nuance voneinander unterschieden sind, und nichtsdestoweniger deutlich sich abheben, wodurch der Künstler ebenso wohl Ruhe als eine harmonische Mannigfaltigkeit in seine Werke gebracht hat. Er mag daher wohl unter die guten Koloristen gerechnet werden und ist unstreitig der beste seines Zeitalters. Er lebte wahrscheinlich von 1350 bis 1427.
Masolino da Panicale, anfänglich ein plastischer Künstler, bereicherte die Malerei, wozu er überging, durch bessere Beobachtung von Licht und Schatten, wodurch ihm denn zuerst die richtige Darstellung verkürzter Glieder gelang. Und da er sich überhaupt größerer Schattenpartien bediente, als vorher gebräuchlich war, so erhielt auch sein Kolorit im ganzen dadurch mehr Sättigung. Nach wenigen Überbleibseln seiner Werke zu urteilen, scheinen die beleuchteten Stellen jedoch etwas zu weiß geraten; die beschatteten hingegen fallen zu sehr ins Rotbraune.
Bei Masolinos Schüler, dem vortrefflichen Masaccio, sind die Fleischtinten etwas wahrhafter, und er wußte das Kolorit mit Meisterschaft zur Bedeutung, zur Verstärkung des Ausdrucks seiner Figuren anzuwenden. Helle und dunkle Massen sind sehr wohl unterschieden, ruhig und breit gehalten, wodurch die Farbe überhaupt angenehmer wird. Die Schatten aber fallen auch bei ihm zu sehr ins Rotbraune.
Mit lieblichen zarten Tinten malte der selige Fra Giovanni da Fiesole seine frommen Bilder. Wir finden in denselben zuerst eine allgemeine, im Ganzen herrschende Übereinstimmung. Sie scheint indessen nicht sowohl aus Überlegung entsprossen, oder mit Bewußtsein hervorgebracht, sondern aus der Naturanlage, dem Hang dieses liebenswürdigen Malers zum Lieblichen, Sanften, herzurühren.
Noch etwas blühender und lebhafter sind die Gemälde seines Schülers Gentile da Fabriano, und schon mehr Kraft wußte Fra Filippo Lippi den seinigen mitzuteilen. Doch hatten sie alle drei die von Masolino und Masaccio eingeführten rötlichen Schatten beibehalten. Beim Fra Giovanni da Fiesole trifft man dieselben am stetigsten an. Gentile da Fabriano ist überhaupt etwas gemäßigter darin. Fra Filippo Lippi hat sie in vielen Bildern beinah übertrieben rot gemacht. In andern, welche überhaupt kräftiger und vielleicht spätre Arbeiten sind, ist er zwar mehr grau, aber auch etwas schmutzig in den Schattenpartien.
Die Erfindung der Ölfarben, oder wenn man einem unfruchtbaren Streit ausweichen und lieber sagen will, die bessere Anwendung derselben durch Johann van Eyck, hat auf das Kolorit sehr bedeutenden Einfluß. Der Natur dieser Farben und der Behandlungsweise, welche sie zulassen, gemäß wurde nun alles nach und nach weichlicher, mehr vertrieben, gesättigter. Vornehmlich erhielten die Schattenpartien mehr Kraft, Durchsichtigkeit, Anmut und Leben. Die Folge hievon war, daß mehr Schatten in den Gemälden angewendet wurden, woraus endlich der düstre Charakter entsprang, der bei einem großen Teile der Werke neuerer Maler der vorherrschende ist.
Van Eyck mag bereits vor 1450 Gemälde in Ölfarbe verfertigt haben. Was uns unter seinem Namen vor Augen kam, ist mit Fleiß und Treue der Natur nachgeahmt zeigt aber übrigens keine Eigenschaften, welche für eine wesentliche und unmittelbar durch den genannten Künstler bewirkte Verbesserung der Kunst zu kolorieren gelten könnten. Nicht anders ist es auch mit den Arbeiten der damals berühmten deutschen Maler, des Martin Schön und Michael Wolgemuth, beschaffen.
Haben wir bisher unter den vorzüglichen Beförderern des Kolorits keine andre als bloß toskanische Meister zu nennen gehabt, weil die neuere Malerei in Toskana und vornehmlich zu Florenz ihren frühsten Sitz faßte, so treten nunmehr auch venezianische Künstler in die Schranken. Diese oder die von ihnen gestiftete Schule hat um so größeren Einfluß auf unsere Geschichte, als sie das Kolorit zu ihrer Hauptangelegenheit gemacht und unstreitig die allervollkommensten Meister dieses Fachs aus ihr hervorgegangen sind.
Daß einige der späteren Arbeiten des Bartolomeo Vivarino in Ölfarben gemalt sind, ist zwar wahrscheinlich, doch können wir solches nicht mit vollkommner Zuverlässigkeit behaupten. Verschiedene vorzügliche Bilder von ihm sind zwischen 1470 und 1480 gemalt, und auf alle Fälle gehört er unter die besten Meister im Kolorit. Seine Tinten sind von anmutiger Klarheit, und man bemerkt im allgemeinen schon die schöne Eigentümlichkeit der venezianischen Malerschule in ihrer ersten Entstehung.
Giovanni Bellini tat noch etwas mehr Blüte und Kraft hinzu und war unter den Malern des strengeren älteren Stils unstreitig der beste Kolorist.
Werfen wir nun abermals einen Blick auf die florentinische Malerschule, so sehen wir dort, vom Andrea Verrocchio unterrichtet, den Pietro Perugino hervorgehen, der zwar ebenfalls dem alten strengen Stil noch anhing, aber mit blühenderen, zarteren Farben malte als irgendeiner seiner Vorgänger. Wir dürfen ihn jedoch, da seine Schattenfarben in Ölgemälden grünlich grau und in Arbeiten al Fresco rötlich sind, nur im beschränkten Sinne und bezüglich auf seine Schule, seine nächste Umgebung, nicht aber im allgemeinen als einen Verbesserer des Kolorits aufführen, weil der erwähnte Johann Bellini, sein Zeitgenosse, ja wahrscheinlich noch um einige Jahre älter als er, ihm in der Tat überlegen und näher zur Wahrheit gelangt ist.
Durch Leonardo da Vinci, der ebenfalls aus der Schule des Andrea Verrocchio hervorging, erhielt das Kolorit mittelbar eine höchst bedeutende Verbesserung. Dieser große Künstler beobachtete nämlich Licht und Schatten mit weit mehr Genauigkeit als zuvor geschehen war. Er malte zwar mit wenig freundlichem, etwas hefenartigen Kolorit; aber seine Werke zeigten nun durch zart angegebene Mitteltinten die Rundung der Teile, richtiges Vor- und Zurücktreten derselben und eine große, noch nie gesehene Kraft in den Schatten.
Hieraus entstand nun in nächster Folge das mächtige Kolorit des Fra Bartolomeo di San Marco, und die venezianische Schule blieb nicht zurück. Giorgio Barbarelli da Castel Franco, genannt Giorgione, ein Zögling des Giovan Bellini, bediente sich bei ebenso kräftigen Schatten noch glühenderer Tinten und hatte es so weit gebracht, daß für den gleich auf ihn folgenden, von demselben Lehrer unterrichteten Tiziano Vecelli kaum noch ein kleiner Schritt zu tun übrig blieb, um sich zur höchsten uns bekannten Vortrefflichkeit des Kolorits zu erheben.
Obgleich Raffael von Urbino und Andrea del Sarto bewundernswürdige Werke geliefert, jener besonders Namen und Ruhm des ersten aller neueren Maler mit Recht verdient, und alle beide ein treffliches Kolorit besessen, so war doch diese Seite nicht die glänzendste ihrer Kunst, und beide sind von ihren oben erwähnten Zeitgenossen, Giorgione und Tizian, übertroffen worden.
Ohngefähr dasselbe kann man auch von Albrecht Dürer, von Holbein und Lukas Cranach sagen. Dürer gelangen zwar zuweilen die hellen Tinten des Fleisches sehr wohl; allein die Schatten sind gewöhnlich schwach oder fallen ins Grünliche, wenn er sie kräftig machen wollte. Holbein ahmte die Farben der Naturgegenstände sehr treu nach. Er ist zarter in den Tinten als Dürer, weiß den Pinsel gewandter zu führen, und die Bestimmtheit artet selten bei ihm in Härte aus. Lukas Cranach war noch ein besserer und vielleicht der beste unter den ultramontanen Koloristen. Einige seiner Arbeiten würden, die Beleuchtung abgerechnet, auf welche er nicht acht hatte, in Hinsicht auf Wahrheit und Blüte der Fleischtinten selbst neben Tizian bestehen. Es ist aber auch wahrscheinlich, daß Cranach Tizians Arbeiten studiert, ja vielleicht mit dem Meister selbst persönlichen Umgang gepflogen habe.
Eine Eigenschaft desjenigen Teils der Malerei, dessen Geschichte wir hier zu bearbeiten übernommen, ist bisher noch nicht berührt worden, wir meinen die Harmonie der Farben. Zwar wird solche unter dem allgemeinen Begriff des Kolorits gewöhnlich mit gefaßt, kann aber auch als abgesondert von demselben gedacht werden. Die Harmonie also, für sich allein betrachtet, besteht im schicklichen zweckmäßigen Nebeneinander- und Gegeneinandersetzen der Farben; Kolorit hingegen, im strengen und eingeschränkten Sinne, bedeutet nur die künstliche Mischung derselben und die treue Darstellung der Natur.
Auf die Wahrheit ihrer Farbenmischung nun hatten die Meister der venezianischen Malerschule ihr Hauptaugenmerk gerichtet und darin angezeigtermaßen einen sehr hohen Grad erreicht; ja Tizian ist vielleicht in diesem Stück für vollkommen und unübertrefflich zu halten. Mit der Harmonie der Farben fanden sie sich hingegen leicht ab, und wenn unsre diesfallsigen Beobachtungen gegründet sind, so bestanden die Regeln, welche sie sich darüber gemacht hatten, ohngefähr aus Folgendem.
Erfahrung lehrt, daß das Rote als Farbe das Auge am mächtigsten reizt, daß vornehmlich der Lack oder Purpur, höchst gesättigt, warm und milde, den Begriff von Pracht und Würdigkeit zu erregen und zugleich die Fleischtinten hervorzuheben geschickt ist. Diese Farbe wurde also ihrer angeführten Eigenschaften wegen häufig, jedoch mit der Vorsicht gebraucht, daß sie in der Mitte des Bildes erscheint, oder hüben und drüben, oder auch in weitläufigen Kompositionen dergestalt ausgeteilt, daß das Gleichgewicht erhalten wird.
Nächst dem Purpurrot, welches fast immer in voller Kraft und rein erscheint, sieht man die gelbe Farbe in allen Abstufungen, vom hellsten Gelb bis zum Dunkelbraunen häufig gebraucht. Sie reizt zwar das Auge ungleich weniger als Rot, ist aber warm und steht in Verwandtschaft mit den Fleischtinten sowie mit dem Purpur, dahingegen Grün und Blau als Gegensätze von Rot und Gelb betrachtet und daher nur sparsam, der Mannigfaltigkeit wegen und zur Belebung der übrigen angewendet wurden.
In allen Gemälden der besten Meister aus der venezianischen Schule glauben wir ein Übergewicht der aktiven Farben wahrgenommen zu haben. Daher kommt das Warme und Ruhige im Ganzen. Das Auge wird zwar nicht durch buntes regelloses Farbengewirre unangenehm erschüttert, aber auch nicht vermittelst des harmonischen heitern Spiels des gesamten Farbenkreises erfreulich berührt.
Die großen venezianischen Meister des Kolorits haben fast ohne Ausnahme die Regel beobachtet, sich ungemischter ganzer Farben zu den Gewändern zu bedienen, damit die gemischten Tinten des Fleisches besser gehoben werden, jene hingegen als Massen von entschiedener Farbe deutlicher in die Augen fallen sollten. Changeante Gewänder findet man daher nie oder nur als höchst seltene Ausnahmen. Sogar das Violette scheint als eine gemischte Farbe betrachtet und nicht eben beliebt gewesen zu sein.
Tizian hat vor den übrigen oft weißes Gewand oder Leinenzeug angebracht und solches vorzüglich gut gemalt. In Hinsicht auf Harmonie der Farben war dabei sein Zweck, die zarten Fleischtinten seiner nackten weiblichen Figuren vorteilhaft zu heben und blühender erscheinen zu lassen. Ja er hatte sich’s wie zum Gesetz gemacht, wo immer möglich zwischen lichtes Fleisch und farbiges Gewand etwas Weiß anzubringen.
Aus dem Vorhergehenden hat sich gezeigt, zu welchen Eigenschaften das Kolorit durch die Bemühungen der größten Meister aus der venezianischen Schule gelangt war. In der Karnation sind sie nie übertroffen, ja nicht einmal erreicht worden; aber der allgemeine Begriff von Kolorit, so wie wir oben denselben mit leichten Zügen entworfen, wurde durch die Werke des Antonio Allegri von Correggio noch mehr erweitert.
Er malte zwar mit ausnehmend zarten blühenden Tinten konnte aber doch im Licht weder die Wahrheit des Tizian noch die Glut des Giorgione erreichen. Sein hauptsächlichstes Studium ging auf die Beleuchtung, auf Darstellen und zweckmäßiges Anwenden derselben zum gefälligen Effekt, zuweilen sogar zur hohen Bedeutung in seinen Werken. Bei keinem Maler findet man daher so sanfte Übergänge vom Licht zum Schatten, so reingehaltene Massen, so durchsichtige klare Schattenpartien, keiner hat die Widerscheine so genau beobachtet, und ferner scheint er uns der erste gewesen zu sein, welcher auf die Harmonie des Ganzen durch künstliches Nebeneinanderstellen und Entgegensetzen der Farben gedacht hat. Das Farbenspiel ist daher in seinen Werken mannigfaltiger, lebhafter und fröhlicher als in den tizianischen und dieses ist die Erweiterung, welche das Kolorit dem Correggio schuldig geworden. Er wird mit Recht für das Haupt, für den Stifter der lombardischen Malerschule angesehen, und diese Schule, indem ihre Künstler alle mehr oder weniger den Correggio zum Muster genommen, zeichnete sich in dem größten Teil ihrer Werke durch kräftige Schatten und Farben aus. Sie waren dunkler aber auch gesättigter, mehr harmonisch und von auffallenderer Wirkung als die florentinischen; nicht so wahr und warm in ihren Fleischtinten wie die Venezianer. Man bediente sich der gelben und Purpurfarbe weniger, hingegen der blauen Farbe mehr zu Gewändern, besonders in den Figuren des vordersten Grundes, wodurch die Bilder überhaupt einen Charakter von Ernst, das Kolorit von großer Kräftigkeit erhalten. So sind zum Beispiel die Gemälde des Parmegianino, eines der vorzüglichsten Maler der lombardischen Schule und anfänglichen Nachahmers des Correggio, beschaffen.
Die heitere angenehme Manier, deren sich Friedrich Barocci von Urbino bediente, ist mehr für eine Abirrung als für eine Erweiterung der Kunst in Absicht auf das Kolorit zu betrachten. Dieser Meister pflegt alle Farben in den Gewändern gerne hoch, im reinsten glänzendsten Zustand anzuwenden. Im Fleisch sind die Lichter gewöhnlich etwas zu gelb, die Mitteltinten zu blau, das Rot scheint mehr Schminke als natürliche Röte; seine Schattenfarben sind schön klar, die Massen von Hell und Dunkel, einzeln genommen, zwar groß, deutlich, nicht unterbrochen; Licht und Schatten aber, besonders in weitläufigen Kompositionen, etwas zu sehr zerstückelt, wodurch die Ruhe des Ganzen leidet. Manche Bilder von diesem Meister sind daher buntfleckig. In den besten sucht er sich mit einem über das Ganze verbreiteten gelblichen Tone zu helfen, und wenn wir nicht irren, so ist Barocci der erste, der dieses Hilfsmittel angewendet hat, welches, wie wir im Verfolg sehen werden, später öfters gebraucht worden, um die Harmonie der Farben zu ersetzen.
Jacopo Bassano, Tintoret und Paul Veronese, Häupter der venezianischen Schule, folgten der von Giorgione und Tizian eingeführten Weise, zwar nicht als knechtische Nachahmer, doch unterschied sich ihr Kolorit auch nicht als eigentümlich, sondern es muß dasselbe als Nuancierung des allgemeinen Charakters, wodurch die venezianische Schule sich von den übrigen unterscheidet, angesehen werden. Bassano bediente sich, besonders in Gewändern, häufiger der auflasierten Farben. In den Gemälden des Paul Veronese wird das heiterste Farbenspiel wahrgenommen, und Tintoret hat vor anderen seiner Landsleute kräftige Schatten angewandt.
Nachdem die florentinische Schule einige Zeit den sogenannten manierierten Stil mit unnatürlichen übertriebenen Formen, mattem, vernachlässigten, unangenehmen Kolorit geübt hatte, so traten aus derselben bald wieder verschiedene Künstler auf den Weg der Natur und bemühten sich, vornehmlich dem Kolorit bessere Eigenschaften zu erwerben. Jacopo Chimenti da Empoli malte seine besten Bilder mit großer Kraft und sehr warmer Farbe. Ludwig Cardi, genannt Cigoli, erhielt den Beinamen des florentinischen Correggio, weil er in der Tat kräftig, mit klaren Schatten und überhaupt gutem Ton des Kolorits arbeitete. Doch die florentinische Schule verehrt den Cristofano Allori als ihren vorzüglichsten Koloristen. Seine Bilder sind kräftig, ungemein blühend und angenehm; wovon der halbnackte Jüngling, im berühmten Gemälde dieses Künstlers, das den heiligen Julianus vorstellt, und sonst im Palast Pitti und jetzt zu Paris befindlich, ein Zeugnis geben mag. Denn man möchte von diesem Körper, wie von jenem griechischen sagen: er sei mit Rosen genährt.
Doch ungefähr um eben diese Zeit schien die Malerei ihren vornehmsten Sitz in Bologna nehmen zu wollen: denn es lebten daselbst die drei Carracci, Künstler von ewig dauerndem Ruhm. Sie selbst zwar haben von seiten des Kolorits die Kunst weder erweitert, noch darin einen auffallend sich unterscheidenden Charakter behauptet; hingegen werden künftig verschiedene, aus ihrer berühmten Schule hervorgegangene Künstler genannt werden, welche denkwürdige Neuerungen eingeführt haben.
Michelangelo Merighi von Caravaggio unterwarf seine Kunst unbedingt der Natur und stellte edle und unedle Formen mit gleicher scheinbarer Treue dar, untereinander, ohne weitere Wahl, wie sie ihm vorkamen. Den Farben gab er eine bisher noch nie gesehene Stärke. Seine meisten Gemälde haben mehr Schatten als Licht, indem er dieses als sehr hoch einfallend anzunehmen pflegte, und als ob die Szene an einem dunklen, von einem einzigen Strahl erleuchteten Ort wäre. Die gemeine Wahrheit dieser Darstellungen, die auffallende große Wirkung ihrer Beleuchtung und das gewaltige Kolorit erwarben sich lebhaften Beifall und manche Nachahmer. Unter diesen bemerken wir vor andern den Joseph Ribera, genant Spagnoletto, der mit ebenso gewaltigen Schatten, mit nicht weniger Geist und Lebhaftigkeit und mit noch wahrhafteren Lokaltinten gemalt, dessen Figuren aber ebenfalls meistenteils aus der gemeinen Natur aufgegriffen sind, und obwohl in sich selbst charakteristisch, doch gewöhnlich niedriger und gemeiner, als es des Künstlers Vorhaben und Zweck erfordert hätte.
Francesco Barbieri von Cento, Guercino genannt, wiewohl aus der Carraccischen Schule, folgte doch der von Caravaggio eingeführten Weise. Indessen sind seine Gestalten, seine Darstellungen überhaupt, ja wir dürfen sagen, seine Gesinnungen edler. Eine rührende Naivität ziert nicht selten seine kraft- und effektvollen Werke. Das Kolorit besonders betreffend ist Guercino überhaupt, wenn nicht wahrhafter, doch zarter und gefälliger als Caravaggio, und weil sein Geschmack gebildeter war, so erscheinen seine besten Werke farbenreicher und dem Auge angenehmer.
Auch der große Guido Reni bediente sich in seinen frühern Gemälden höchst kräftiger großer Schattenpartien und bekleidete solche im Licht mit noch zarteren und helleren Fleischtinten als Guercino. Daher kann man seine in diesem kräftigen Geschmack des Kolorits behandelten Bilder als höchste Gipfel desselben betrachten. Als nun Guido in der Folge zu einer jener dunklen, kräftigen ganz entgegengesetzten, hellen Art zu malen überging, wo die Gegenstände gleichsam im offnen Raume und vollen Licht dargestellt sind, so wurde durch ihn die Kunst zu kolorieren, wenn schon nicht im wesentlichen verbessert, doch erweitert. Die herrschenden silbergrauen Mitteltinten sind zuerst von diesem Künstler eingeführt worden. Francesco Albani, der Zeitgenosse des Guido, mit ihm aus einer Schule hervorgegangen, malte ebenso heiter in offnem Lichte, mit lieblicher blühenden Tinten als sonst irgendein anderer Künstler der bolognesischen Malerschule aufzuweisen hat.
Des Domenichino größtes Verdienst lag nicht auf der Seite des Kolorits, und wir haben also seiner als eines der größten Künstler hier bloß im Vorbeigehen zu gedenken. In Fresco malte er heiter, die Schattenfarben spielen etwas ins Grünliche, bilden aber nicht so große vorwaltende Partien wie bei Guercino und andern.
Hier ist es Zeit, uns zur niederländischen Malerschule zu wenden, welche in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts eben in schöner Blüte stand, und das Kolorit zu einem ihrer Hauptzwecke gemacht hatte. Rubens und van Dyck glänzen unter den Koloristen der ersten Reihe, mit ihnen Rembrandt, ein großer Meister im Kolorit und noch größerer im künstlichen Gebrauch des Lichtes und des durch Widerscheine unterbrochnen Schattens. David Teniers, Adrian von Ostade, Gerard Douw, Metsu, Terborch und nebst ihnen noch viele andre sind als Koloristen berühmt.
Die Eigenschaft aber, wodurch sich die niederländische Malerschule hinsichtlich auf das Kolorit von den andern im allgemeinen unterscheidet, oder vielmehr worin sie andern vorgegangen, ist der Ton, nicht derjenige, den die Kunstsprache Lokalton oder Ton der Tinten heißt: denn wiewohl viele niederländische Künstler auch in diesem Punkte vor trefflich waren, sind ihnen die Venezianer doch darin überlegen gewesen; sondern wir verstehen hier die eine, im Ganzen eines Bildes vorherrschende Farbe, eingemischt oder als Lasur übergezogen, so daß die Darstellung dem Auge wie durch das Medium eines gefärbten Glases erscheint.
Dieser Art, eine gefällige Übereinstimmung der Farben zu bewirken, scheint sich, wie oben gedacht worden, Friedrich Barocci zuerst bedient zu haben; aber sie ist bei den Niederländern nachher weiter ausgebildet und häufiger gebraucht worden.
Zu eben der Zeit war auch die französische Schule im Zustand ihres höchsten Flors; inzwischen gibt sie für unsre gegenwärtige Betrachtung nur geringe Ausbeute, weil kein Künstler derselben sich im Kolorit besonders hervorgetan. Das Fach der Landschaft verehrt zwar in Claude Lorrain seinen größten Meister, und vorzüglich ist das Kolorit desselben im höchsten Grade heiter, zart und wahrhaft; allein die Landschaftsmalerei läßt dem Koloristen, vermöge ihrer Natur, weniger Freiheit und Spielraum, als im historischen Fach der Fall ist.
Von spanischen Malern sind dem Schreiber dieser Nachrichten nur Velasquez und Murillo aus eigener Anschauung einzelner Werke bekannt. Beide scheinen in Hinsicht auf das Kolorit unter die vorzüglichsten Meister ihrer Zeit zu gehören. Vom Velasquez behauptete Mengs: derselbe stehe, in betreff des Scheins von Luft und Ablösung eines Gegenstandes vom andern, selbst dem Rembrandt nicht nach. Wir aber haben nur Bildnisse von ihm gesehen, welche sich durch kühnen Pinsel und wahre, warme Fleischtinten vorteilhaft auszeichnen. Murillo malte, wie sich aus verschiedenen Bildern von ihm, welche sich in deutschen Galerien befinden, ergibt, Gegenstände aus dem gemeinen Leben anmutig, mit kräftigem, der Natur angemessenen Kolorit; allein es finden sich auch religiöse Darstellungen, wo seine Farbe noch wärmer und den besten venezianischen Malern nachgeahmt scheint.
Wir wenden uns nun wieder nach Italien, woselbst Pietro Berettini von Cortona zu Rom, unter Papst Urban dem Achten und einigen folgenden Päpsten, viele große Werke in Ölfarben und al Fresco ausgeführt. Unerschöpflich reich in Erfindungen behandelte er seine Bilder mit einem zwar sehr flüchtigen, aber angenehmen Pinsel und wußte das Kolorit sowohl als die Beleuchtung nach Erfordernis des Gegenstandes bald heiter und fröhlich, bald ernst und sehr kräftig zu halten. Warum er uns aber bei unsern gegenwärtigen Betrachtungen vorzüglich merkwürdig sein muß, ist die Austeilung der Farben zum Behuf allgemeiner Harmonie; und wir getrauen uns zu behaupten, daß Berettini hierin der größte Meister gewesen.
Schon oben bemerkten wir, wie die vornehmsten Maler der venezianischen Schule die Energie der roten Farbe erkannt, solche in ungefähr gleichen Massen durch ihre Bilder ausgeteilt und ihr verhältnismäßig viel Gelb zugesellt, woraus eine harmonische, obgleich streng genommen etwas monotone Wirkung entsprang. Correggio besaß ein zartes und lebhaftes Gefühl für die Harmonie der Farben; dieses leitete ihn oft richtig, doch scheint er die Regeln, worauf Harmonie sich gründet, nicht erforscht zu haben, deswegen er sich zuweilen durch Mischungen zu helfen sucht. Auch wurde durch schöne Beleuchtung, milde Übergänge, vortreffliche Mäßigung und Abstufung des Lichtes, oder was man sonst Haltung zu nennen pflegt, jener Mangel gleichsam zugedeckt und unmerklich gemacht. Den Malern der niederländischen Schule ist sehr wahrscheinlich ebenso wenig Gründliches vom Harmoniespiel der Farben bekannt gewesen, und sie setzten an dessen Stelle, wie erwähnt worden, den Ton. Daß sie die Wirkung der Farben, das Maß ihrer Energie, Freundschaft und Abneigung, noch weniger als die Venezianer eingesehen, erhellet fast unwidersprechlich aus einem großen schönen Gemälde des van Dyck in der Tribüne der florentinischen Galerie, wo derselbe eine unzulängliche Harmonie durch willkürlichen Gebrauch von Licht und Schatten zu erzwecken suchte, so nämlich, daß mehr oder weniger Hell und Dunkel an die Stellen gesetzt ist, wo der beabsichtigte Endzweck durch Anwendung schicklicher Farben besser und sicherer erreicht worden wäre.
Bei Pietro von Cortona hingegen nimmt man, da wo er es für zuträglich fand, ein fröhliches mannigfaltiges Farben spiel wahr. Nach Erfordernis wußte er aber auch das Ganze gehörig zu mäßigen, nieder zuhalten und gleichsam ins Düstre oder Traurige herabzustimmen. Immer sind indessen verwandte befreundete Farben, die sich wechselseitig heben, nebeneinander gesetzt, und widerwärtige Kontraste finden sich niemals in seinen Werken. Die ganze neuere Kunst hat kein Gemälde aufzuweisen, worin die Austeilung der Farben eine so gefällige Wirkung täte, als dieses Meisters Altarbild bei den Kapuzinern zu Rom, den Paulus darstellend, der sein Gesicht wieder empfängt, oder das weitläufige Deckengemälde im Barberinischen Palast. Ob er auch übrigens von dem Wert und der Wirkung einer jeden Farbe allein und im Verhältnis zu den andern, von ihrer wechselseitigen Verwandtschaft oder Abneigung, von den Regeln, nach welchen sie durch Übergang und Gegensatz zu gebrauchen sind, ob er von diesem allen wissenschaftlich unterrichtet gewesen und mit klarem Bewußtsein gehandelt, oder sich bloß seinem richtigen Gefühl überlassen und durch praktische Ausbildung einer vorzüglich glücklichen Naturanlage so viel zu leisten vermocht, sind wir nicht imstande mit völliger Zu Verlässigkeit zu entscheiden. Am wahrscheinlichsten ist es, daß er zwar nach einigen Regeln gehandelt, die aber nicht überall ausgereicht, und daß er alsdann das übrige nach Gefühl und Gutdünken hinzugefügt habe: denn sein Verfahren in Absicht der Verteilung der Farben hat sich nur auf eine sehr unvollkommene Weise auf die Schüler fortgepflanzt.
Der vorzüglichste unter ihnen, Ciro Ferri, zeigt zwar im Allgemeinen seiner Manier Ähnlichkeit mit dem Geschmack seines Meisters; doch in besonderer Hinsicht auf Harmonie der Farben verdient keines seiner Werke als Muster angeführt zu werden. Andrea Sacchi lebte ungefähr zu gleicher Zeit mit Pietro von Cortona, und seine Arbeiten werden sogar wegen eines sanften Scheins und wegen Übereinstimmung geschätzt und gelobt. Dieses Lob jedoch scheint uns weniger im wirklich Harmonischen der Farbenanwendung oder Austeilung als vielmehr in der Einförmigkeit und zuweilen in der Anwendung des Tons begründet zu sein, und uns gibt Sacchi zu keinen weitern Bemerkungen Anlaß.
Sacchis berühmter Schüler Carlo Maratti hat in seinen Bildern zuweilen kräftige gesättigte Farben gebraucht, ist aber alsdann gewöhnlich unruhig geworden. In andern, besonders von seiner spätern Zeit, brachte er hellere Mischungen an, konnte aber dabei das Matte nicht vermeiden.
Der Neapolitaner Luca Giordano ist in seinen bessern Werken ein guter Kolorist. Seine Fleischtinten sind heiter und blühend; wo indessen bei ihm das Ganze in harmonischer Übereinstimmung ist, rührt solche vom Ton, nicht aber von künstlicher Verteilung der Farben her.
Zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts hat auch selbst in Italien ein verderbter Geschmack sich über die Kunst verbreitet. Piazzetta, Corrado und Solimena waren Männer von guten Talenten, aber sie wendeten sie nur an, um von der gaffenden Menge Lob einzuernten, keineswegs aber zum Vergnügen vernünftiger, gebildeter Menschen. Ihre Werke sind reich, mit kühnem Pinsel behandelt, aber voll wilden Getümmels. Solimena als der berühmteste ist der am wenigsten erfreuliche; oft grau und kalt, oft von grellen unangenehmen Gegensätzen heller und dunkler Farben, und wenn er beinahe in allen Teilen der Kunst Blößen gegeben, so geschah es doch vorzüglich im Kolorit und der Harmonie der Farben, wo er Geschmack und Regeln am frechsten beleidigte.
Romanelli, Cignani, Franceschini, Luti und andre haben vielleicht weniger geirrt, doch finden wir unnötig, etwas weiter von ihnen zu sagen, weil keiner derselben sich auf eine bedeutende Art ausgezeichnet.
In Frankreich blühte vornehmlich die Bildnismalerei. Rigaud und Largillière wurden als große Meister dieses Faches angesehen, indessen mußten sie sich nach den grellen, rauschenden Farben bequemen, welche die Mode ihrer Zeit erforderte; doch würden sie auch, vermöge der allgemeinen Richtung des Geschmacks ihrer Schule, bei völliger Freiheit, in betreff der Harmonie der Farben, wahrscheinlich nur wenig geleistet haben: wie wir an Coypel, Watteau, Lancret, Restout und vielen andern wahrnehmen. Jouvenet, von Anlagen einer der achtungswertesten Künstler der französischen Schule, hat in den Gemälden, welche wir von ihm gesehen, bloß die Übereinstimmung, welche ein gelber Ton und sein schmelzender Pinsel gewähren können.
Die schöne Zeit der niederländischen Schule war bereits vorübergegangen. Sie bietet uns nichts Bemerkenswertes für diese unsre Betrachtungen. In Deutschland folgten die Bildnismaler teils der Manier des Rigaud und Largillière, teils arbeiteten sie, wie Kupetzky und andre, mit dunklerer Beleuchtung und Farbe und haben überhaupt wenig Anmut. Unter den Geschichtsmalern waren Daniel Gran und Holzer die vorzüglichsten, von deren größern wohlerhaltenen Werken Schreiber dieser Nachrichten keine anschauliche Kenntnis hat; allein er vermutet, sie werden, was die Harmonie der Farben betrifft, ihren übrigen Zeitgenossen wenig überlegen sein, zumal Gran, welcher unter Carl Maratti und Solimena studiert hatte. Auf diese folgte nun C. W. E. Dietrich, geboren 1712, welcher eigentlich Mißbrauch von bunten Farben gemacht, ausgenommen da, wo er die Manier niederländischer Maler nachgeahmt und vermittelst des Tons Übereinstimmung erzielt hat.
Friedrich Oeser, wenige Jahre später geboren als Dietrich, war allerdings ein Künstler von großen Talenten, und man kann ihm eine Neigung zum Übereinstimmenden nicht ableugnen; doch hat er solches nicht durch kunstmäßige Verteilung der Farben, sondern durch Dämpfung ihres natürlichen Glanzes zu erreichen gesucht, so daß die Harmonie seiner Bilder eigentlich aus dem schwachen Kolorit derselben entspringt.
Bald nach Oeser trat sodann Mengs auf und erwarb sich unsterblichen Ruhm, indem durch sein Bemühen und Beispiel die Malerei überhaupt zu größerem Ernst, einem strengeren reineren Stil, besonders in der Zeichnung, zurückgeführt wurde. Sein Kolorit, vorzüglich in Frescogemälden, ist schön und warm. Er bediente sich überhaupt gern der lebhaften, hohen, glänzenden Farben; indessen haben wir weder am Parnaß in der Villa Albani, noch im Manuskriptenzimmer der vatikanischen Bibliothek eine kunstmäßige Verteilung der Farben nach Regeln bemerken können. Im Deckenstock der Kirche Sant› Eusebio, dem frühsten öffentlichen Werke des Künstlers in Rom, hat er die gefällige Übereinstimmung des Ganzen durch gelben Ton zu bewirken gesucht, d¢r auch an diesem Orte und Gegenstand schicklich angebracht ist. Die Schüler und Nachahmer von Mengs, Knoller, Unterberger, der jüngere Conca und andre haben sich sämtlich heller Farben in ihren Werken beflissen; aber keiner derselben hat in diesem Teil der Kunst einige Vorschritte gemacht oder sich um Erforschung der wahren Regeln bemüht. Alle sind, wo sie sich nicht durch gelben Ton halten, entweder bunt und unruhig oder frostig und unfreundlich geworden, wie solches besonders dem Schwager von Mengs, Maron, in historischen Darstellungen mit Ölfarben fast immer begegnet ist.
Angelika Kauffmann folgte in Hinsicht auf das Kolorit ebenfalls der von Mengs eingeführten Weise und liebte neben frischen Fleischtinten die Anwendung heller fröhlicher Farben. Ihr schönes Talent, ihre natürliche Neigung zum Gefälligen, Milden, Sanften hat sie indes vor allem Übermaß behütet; daher sind ihre Bilder auch durchgängig munter und erfreulich, wenn schon die Harmonie der Farben durch sie nicht in völliger Ausübung erschien, so daß wir ihr keine Musterhaftigkeit in diesem Stück zugestehen können.
Pompeo Battoni galt von der Mitte des vergangenen Jahrhunderts an bis zu seinem Tode, welcher um 1790 erfolgte, für den besten italienischen Maler und wurde, solange Mengs lebte, als der Nebenbuhler desselben um den höchsten Ruhm in der Kunst betrachtet. Er war noch dem sogenannten akademischen Stil, der sich unter Sacchi und Maratti gebildet hatte, zugetan, und nach den Bedingungen desselben ist zum Beispiel sein großes Gemälde vom Fall Simons des Zauberers unstreitig ein sehr verdienstliches Werk. Das Kolorit ist kräftig, sehr lebhaft, aber in Hinsicht auf Harmonie der Farben kann weder diesem noch einem andern von Battonis Werken einiger Wert beigelegt werden. Je figurenreicher sie sind, je weniger Befriedigung gewähren sie dem Auge. Das gedachte große Gemälde zeigt bloß ein unruhiges Gewirre willkürlich zusammengestellter bunter Farben.
Hier haben wir wie billig auch der Maler aus England mit wenigem zu gedenken. Reynolds gekört allerdings zu den besten Bildnismalern des abgelaufenen Jahrhunderts, und West hat im historischen Fach, nach Maßgabe des Zustandes der Kunst im allgemeinen, lobenswürdige Werke geliefert. Aus einzelnen Werken von beschränktem Raum und Darstellung dieser beiden vorzüglichsten Künstler ihrer Nation wissen wir, daß jener ein sehr kräftiges Kolorit besaß und hauptsächlich die Wirkung von Licht und Schatten zum Zweck hatte; dieser malte im guten Ton des Kolorits, aber überhaupt schwächer. Was beide in Hinsicht harmonischer Farbenverteilung geleistet haben, können wir aus Mangel anschaulicher Kenntnis der größern Arbeiten dieser Künstler nicht sagen.
Heinrich Füßli, Schweizer von Geburt, der aber in England lebt und sich für England gebildet hat, ein bekannter und berühmter Maler von Schreckenszenen, bedient sich, dem Charakter seiner Darstellung gemäß, eines kräftigen, oft sogar düstern Kolorits und gesättigter ernster Farben. Unter die vorzüglichen Koloristen mag er zwar nicht gerechnet werden; doch pflegt er auch den Regeln des Kolorits sowie der guten Harmonie nicht zuwider zu handeln.
Nachdem unter den französischen Malern die süßliche, lüsterne, fade Manier des Boucher und die sentimentale des Greuze vorübergegangen war, so wurden durch den noch lebenden David ernstere Gegenstände und nach Erfordernis derselben auch edlere Formen eingeführt. In Ansehung Lichtes und Schattens war es ihm um große wirksame Partien, so wie im Kolorit um Gegensätze der gewaltigsten Farben vornehmlich zu tun. Die stille Übereinstimmung fröhlicher, verwandter und zum Teil gemäßigter Farben scheint überhaupt nicht zu den Zwecken dieses Kunstgeschmacks zu gehören, der sowohl in Frankreich in der neuern Zeit fast allgemein angenommen ist, als auch unter den bessern Künstlern in Italien sich verbreitet, sogar in Deutschland Nachahmer gefunden und bis jetzt fortgedauert hat. Doch ist vielleicht eben die Zeit gekommen, wo man sich dessen zu entwöhnen anfängt. Es sollen nämlich in Rom vor kurzem, durch einen emporstrebenden jungen Maler, Bilder mit heitern Gründen und gemäßigten, zarten, der Wahrheit ähnlichen Tinten des Fleisches verfertigt worden sein, welche, da sie Aufsehen er regt, wohl nicht ohne Nachahmung bleiben werden. Und so steht zu hoffen, daß die Künstler, wenn sie zu einem Kolorit zurückkehren, welches nicht durch Gegensätze gewaltsam zu rühren, sondern die Anmut schöner Formen, zarter Gestalten, durch gefälligen Reiz von seiner Seite zu erhöhen beabsichtigt, auch bald das Bedürfnis harmonischer Nebeneinanderstellung der Farben fühlen und sich des Studiums dieses Teiles der Kunst gehörigermaßen befleißigen werden.