geboren 1566, gestorben 1624
De radiis visus et lucis in vitris perspectivis et iride tractatus Marci Antonii de Dominis, per Ioannem Bartolum in lucem editus Venetiis 1611.
Durch dieses Werk von nicht großem Umfange ist der Verfasser unter den Naturforschern berühmt geworden, und zwar mit Recht: denn man erkennt hier die Arbeit eines unterrichteten, in mathematischen und physischen Dingen wohlgeübten Mannes, und was mehr ist, eines originellen Beobachters. Hier wird ein Auszug an der rechten Stelle sein.
Das Werk enthält im ersten Kapitel die erste öffentliche Bekanntmachung der Theorie der Ferngläser. Nachdem sodann der Verfasser verschiedene allgemeine mathematische und physische Grundsätze vorausgeschickt, welche das Licht und das Sehen betreffen, kommt er zu Ende des dritten Kapitels auf der neunten Seite zu den Farben, welche bei der Refraktion erscheinen, und äußert sich darüber folgendermaßen.
«Außer den eigenen Farben der Körper, welche in den Körpern selbst verharren, sie mögen nun aus welcher Ursache sie wollen entspringen und entstehen, gibt es in der Natur einige wechselbare und veränderliche Farben, welche man emphatische und erscheinende nennt und welche ich die glänzenden zu nennen pflege. Daß diese Farben aus dem Lichte entspringen, daran habe ich keinen Zweifel, ja sie sind nichts anders als das Licht selbst: denn wenn in einem Körper reines Licht sich befindet, wie in den Sternen und dem Feuer, und er verliert aus irgendeiner Ursache sein Funkeln, so wird uns ein solcher Körper weiß. Mischt man dem Licht irgendetwas Dunkles hinzu, wodurch jedoch das ganze Licht nicht verhindert oder ausgelöscht wird, so entstehen die Farben dazwischen.
Denn deshalb wird unser Feuer rot, weil es Rauch bei sich führt, der es verdunkelt. Deshalb auch röten sich Sonn› und Gestirne nah am Horizont, weil die dazwischen tretenden Dünste solche verdunkeln. Und solcher mittleren Farben können wir eigentlich drei zählen. Die erste Beimischung des Dunkeln, welche das Weiße einigermaßen verdunkelt, macht das Licht rot: und die rote Farbe ist die leuchtendste der Mittelfarben zwischen den beiden Enden, dem Weißen und Schwarzen, wie man es deutlich in dem länglichen dreikantigen Glase sieht. Der Sonnenstrahl nämlich, der das Glas bei dem Winkel durchdringt, wo die geringste Dicke ist und also auch die geringste Dunkelheit, tritt hochrot heraus; zunächst folgt das Grün bei zunehmender Dicke; endlich das Violette bei noch größerer Dicke: und so nimmt nach Verhältnis der Stärke des Glases auch die Verdunklung zu oder ab.»
«Eine etwas mehrere Dunkelheit bringt, wie gesagt, das Grüne hervor. Wächst die Dunkelheit, so wird die Farbe blau oder violett, welche die dunkelste ist aus allen Mittelfarben. Wächst nun die Dunkelheit noch mehr, so löscht sie das ganze Licht aus und die Schwärze bleibt, obgleich die Schwärze mehr eine Beraubung des Lichts als eine wirkliche Farbe ist; deswegen auch das Auge die Finsternis selbst und sehr schwarze Körper für eins hält. Die übrigen Farben aber sind aus diesen zusammengesetzt.»
«Die Dunkelheit aber verwandelt das Licht in eine glänzende Farbe, nicht allein wenn sie sich mit dem leuchtenden Körper selbst vermischt, wie es beim Feuer geschieht, sondern auch wenn sie zwischen das Licht und das Auge gebracht wird, dergestalt, daß das Licht, wenn es durch einen etwas dunklen Körper, dessen Durchsichtigkeit nicht ganz aufgehoben ist, durchgeht, notwendig gefärbt wird, und so gefärbt, nicht allein vom Auge, sondern auch oft von jedem andern Körper, farbig aufgenommen wird. So erscheint uns die Sonne beim Auf- und Untergang rot, nicht weiß wie im Mittage, und so wird das Licht, wenn es durch ein Glas von ungleicher Dicke, jedoch von bedeutender Masse, wie jene dreikantigen Prismen sind, oder durch ein gläsernes, mit Wasser gefülltes Gefäß, oder durch ein gefärbtes Glas hindurch geht, gefärbt. Daher werden auch die fernliegenden Berge unter einer blauen Farbe gesehen. Denn die große Ferne verdunkelt, wegen der Menge des Mittels und durch das einigermaßen Körperliche des Dunkeln, alle Lichter, die nicht so mächtig sind als das der Sonne, verdunkelt auch die erleuchteten Gegenstände und macht sie blau. So scheint uns gleichfalls der Ferne wegen das Licht des Himmels blau. Was aber eine gar zu schwache Farbe hat, wird auch wohl schwarz.»
Diejenigen unsrer Leser, welche den Entwurf unserer Farbenlehre wohl inne haben, werden selbst beurteilen, inwiefern der Verfasser sich der Wahrheit genähert, inwiefern noch manches Hindernis einer reinen Einsicht in die Dinge ihm entgegen gestanden. Merkwürdig ist, daß er im prismatischen Bild nur drei Farben gesehen, welches andeutet, daß er auch ein sehr kleines Bild gehabt und es verhältnismäßig sehr weit von dem Ausfallen aus dem Prisma aufgefangen, wie er denn auch das Weiße zwischen den beiden Rändern nicht bemerkt. Das übrige wissen wir nun aus der Lehre vom Trüben weit besser zu entwickeln.
Hierauf trägt er im vierten Kapitel noch verschiedene mathematische Propositionen vor, die ihm zu seiner Deduktion nötig scheinen. Endlich gelangt er zu einem runden durchsichtigen Körper und zeigt, erstlich, wie von demselben das auffallende Licht zurückgeworfen werde, und nun geht er seinem Ziele entgegen, indem er auf der dreizehnten und vierzehnten Seite umständlich anzeigt, was auf der innern hintern konkaven Fläche des runden durchsichtigen Körpers, welche wie ein Hohlspiegel wirkt, vorgehe. Er fügt eine Figur hinzu, welche, wenn man sie recht versteht, das Phänomen in seinem Umfange und seiner Komplikation, wo nicht vollständig darstellt, jedoch sich demselben weit mehr nähert als diejenigen einfacheren Figuren, welche Descartes teils aus ihm genommen, teils nach ihm gebildet. Übrigens wird sich in der Folge zeigen, daß eben dasjenige, was auf dem Grunde des durchsichtigen Körpers vorgeht, mit Linearzeichnung keinesweges dargestellt werden kann. Bei der Figur des De Dominis tritt überdies noch ein sonderbarer Fall ein, daß gerade diese sehr komplizierte Hauptfigur, die wegen ihrer Wichtigkeit viermal im Buche vorkommt, durch die Ungeschicklichkeit des Holzschneiders in ihren Hauptpunkten undeutlich und wahrscheinlich deshalb für die Nachfolger des Verfassers unbrauchbar geworden. Wir haben sie nach seiner Beschreibung wiederhergestellt und werden sie unter unsern Tafeln beibringen, wie wir denn jetzt seine Erklärung derselben, worin das Verdienstliche seiner Beobachtung und Entdeckung ruht, übersetzt mitteilen.
«Jener sphärische durchsichtige Körper, solid oder ausgefüllt, außerdem daß er von seiner erhöhten Oberfläche die Strahlen gedachtermaßen zurückwirft, bewirkt noch einen andern Widerschein des Lichtes, der mit einiger Refraktion verbunden ist: denn der Lichtstrahl aus dem Mittelpunkte des leuchtenden Körpers b dringt ungebrochen gerade bis nach v durchs Zentrum a, da er perpendikular ist; die Strahlen aber bc und bd werden in c und d gebrochen, nach der Perpendikulare zu, und dringen gleichfalls nach dem Grunde g und weiter nach v; daselbst bringen sie viel Licht zusammen, vereint mit den inneren Strahlen br und bo, welche an den Punkten r und o gebrochen nach g gelangen, auf dem Hohlgrunde der Kugel a; welches auch die übrigen Strahlen tun, welche von b her auf die ganze erhöhte Fläche von c bis d fallen.»
«Aber indessen dringen nicht nur die gebrochnen und um den Grund g versammelten Strahlen zum Teil hindurch und vereinigen sich in v, wo sie Feuer anzünden können, sondern sie werden auch großenteils, gleichfalls mit verstärktem Licht wegen ihrer Versammlung, vom Grunde g zurückgeworfen, welcher Grund g dieses vervielfältigte Licht, nach dem Gesetz der Widerscheine aus einer Hohlkugel, auf mancherlei Weise zurückwirft. Wobei zu bedenken ist, daß einige Abänderung stattfindet, weil die Zurückwerfung nach den eben erwähnten Brechungen geschieht und weil nicht allein die auf die Kugel a, aus dem Mittelpunkte des leuchtenden Körpers b, fallenden Strahlen, sondern auch unzählige andre von dem großen und leuchtenden Körper, wie die Sonne ist, alle nämlich, die aus t und p, ingleichen von dem ganzen Umfange t q p hervortreten, zurückgeworfen werden. Welche Abweichung aber hier mit Demonstration zu beweisen nicht die Mühe lohnte.»
«Genug daß ich durch die deutlichsten Versuche gefunden habe, sowohl in Schalen, welche mit Wasser gefüllt worden, als auch in Glaskugeln gleichfalls gefüllt, welche ich zu diesem Endzwecke verfertigen lassen, daß aus dem Grunde g, welcher der Sonne gerade entgegenstehet, außer der Refraktion, welche nach v zu geschieht, eine doppelte Reflexion geschehe: einmal gleich gegen die Seite f und e im Zirkel; sodann aber gegen die Sonne, nächst gegen die Perpendikulare b a, nach dem vordern Teile h und i, gleichfalls im Zirkel, und durch eine einzige unteilbare Linie, sondern durch mehrere nach allen Seiten hin mit einiger Breite (wie in der ersten Reflexion gf gn gm; in der andern aber gi gk gl); welche Breite teils entspringt aus den Brechungen, welche innerhalb der Kugel geschehen, wodurch mehrere Strahlen versammlet werden, zum Teil aus der großen Breite des leuchtenden Körpers p q t, wie wir kurz vorher gesagt.»
Da wir uns genötigt sehen, in der Folge dem Regenbogen einen besondern Aufsatz zu widmen, um zu zeigen, daß bei diesem Meteor nichts anderes vorgehe als das, was wir in unserm Entwurf von den Farben, welche bei Gelegenheit der Refraktion entstehen, umständlich ausgeführt haben, so muß das bisher Mitgeteilte als Material zu jenem Behuf ruhen und liegen bleiben; nur bemerken wir, daß dasjenige, was im Tropfen vorgeht, keinesweges durch eine Linearzeichnung, welche nur Grundrisse und Durchschnitte geben kann, sondern durch eine perspektivische darzustellen ist, wie unser De Dominis zuletzt selbst andeutet in den Worten: »und nicht durch eine einzige unteilbare Linie, sondern durch mehrere nach allen Seiten hin mit einiger Breite«. Wir geben nunmehr von seinem weitern Verfahren Rechenschaft.
Vom fünften Kapitel bis zum neunten einschließlich handelt er von den Fernröhren und dem, was sich darauf bezieht. Im zehnten von den vorzüglichsten Meinungen über den Regenbogen. Er trägt die Gesinnungen des Albertus Magnus aus dessen drittem Buch der Meteore und dessen vierzehntem Kapitel, die des Cardanus aus dem vierten Buch De subtilitate, des Aristoteles aus den Meteoren vor. Alle nehmen an, daß die Farben aus einer Schwächung der Lichtstrahlen entstehen, welche nach jenen beiden durch die Masse der Dünste, nach letzterem durch mehr oder minder starke Reflexion der sich vom Perpendikel mehr oder weniger entfernenden Strahlen bewirkt werde. Vitellio hält sich nahe an den Aristoteles, wie auch Piccoluomini.
Im elften Kapitel werden die vorgemeldeten Meinungen über die Farben bearbeitet und widerlegt. Im zwölften ausgeführt, woher die runde Gestalt des Regenbogens komme. Im dreizehnten der wahre Ursprung des Regenbogens völlig erklärt: es werden nämlich Tropfen erfordert und durch eine Figur gezeigt, wie das Sonnenlicht aus dem Grunde des Tropfens nach dem Auge reflektiert werde. Hierauf wendet er sich zu den Farben und erklärt sie nach seiner sechsten und siebenten Proposition im dritten Kapitel, die wir oben übersetzt haben, wonach die Farben in ihrer Lebhaftigkeit vom Roten durchs Grüne bis zum Blauen abnehmen sollen. Hier wird sodann die Hauptfigur wiederholt und daraus, daß der Strahl gf nach der Reflexion durch eine geringere Glasmasse durchgehe als die Strahlen gm und gn, die Farbenabstufung derselben dargetan. Zur Ursache der Breite des Regenbogens gibt er jene Breite der farbigen Reflexion an, die er schon oben nach der Erfahrung dargelegt.
Das vierzehnte Kapitel beschäftigt sich mit dem äußern Regenbogen und mit Erzählung und Widerlegung verschiedener Meinungen darüber. Im fünfzehnten Kapitel jedoch sucht er denselben zu erklären. Er gebraucht hiezu wieder die Hauptfigur, leitet den zweiten Regenbogen von den Strahlen gi gk gl ab und die verschiedene Färbung derselben von der mehr oder minder starken Reflexion. Man sieht also, daß er sich hier dem Aristoteles nähert, wie bei Erklärung der Farben des ersten Regenbogens dem Albertus Magnus und dem Cardan.
Das sechzehnte Kapitel sammelt einige Korollarien aus dem schon Gesagten. Das siebzehnte trägt noch einige Fragen Über den Regenbogen vor und beantwortet sie. Im achtzehnten wird abgehandelt, wie der Regenbogen mit den Höfen, Wettergallen und Nebensonnen übereintreffe und wie er von ihnen verschieden sei. In diesen drei Kapiteln, den letzten der Abhandlung, steht noch manches Gute, das nachgesehen und genutzt zu werden verdient.