Als uns in der Epoche der erneuten Wissenschaften vor, stehendes kleines Buch freundlich begegnete, war es uns eine angenehme Erscheinung, um so mehr, als es sich jenem des Aristoteles an die Seite und in gewissem Sinne entgegen stellte. Wir gedachten es zu übersetzen, fanden aber bald, daß man in einer Sprache nicht die Etymologie der andern behandeln könne, und so entschlossen wir uns, es in der Urschrift wieder abdrucken zu lassen. Es ist zwar nicht selten, indem es öfter anderen größeren und kleineren Schriften beigefügt worden, jedoch einzeln nicht immer zur Hand, und so glaubten wir es um so mehr einschalten zu dürfen, als uns aus demselben das Gefühl einer freien und heitern Zeit entgegenkommt und die Tugenden des Verfassers wohl verdienen, daß ihre Wirkungen nochmals vervielfältigt werden.
Antonius Thylesius war zu Cosenza geboren, einer Stadt, die an der Kultur des untern Italien schon früher teilnahm. In dem ersten Viertel des sechzehnten Jahrhunderts war er Professor zu Mailand. Er gehört unter diejenigen, welche man in der Literargeschichte als Philologen, Redner und Poeten zugleich gerühmt findet. Ein gründliches und doch liberales Studium der Alten regte in solchen Männern die eigene Produktivität auf, und wenn sie auch eigentlich nicht zu Poeten geboren waren, so schärfte sich doch am Altertum ihr Blick für die Natur und für die Darstellung derselben.
Ein Büchelchen De coronis gab er 1526 heraus. Die Anmut des gewählten Gegenstandes zeugt für die Anmut seines Geistes. Er führt in demselben sehr kurz und leicht alle Kränze und Kronen vor, womit sich Götter und Heroen, Priester, Heiden, Dichter, Schmausende und Leidtragende zu schmücken pflegten, und man begreift sehr leicht, wie bei solcher Gelegenheit ein gesunder Blick auf Farbe mußte aufmerksam gemacht werden.
So finden wir denn auch in der kleinen Schrift über die Farben einen Mann, dem es um das Verständnis der Alten zu tun ist. Es entgeht ihm nicht, daß die Farbenbenennungen sehr beweglich sind und von mancherlei Gegenständen gebraucht werden. Er dringt daher auf den ersten Ursprung der Worte, und ob wir gleich seinem Etymologisieren nicht immer beistimmen, so folgen wir ihm doch gern und belehren uns an und mit ihm.
Beide oben benannte Aufsätze wurden mit seinen übrigen poetischen Schriften von Konrad Geßner 1545 zu Basel herausgegeben, wobei sich bemerken läßt, daß ihm seine Zeitgenossen eine gewisse Originalität zugestanden, indem sie ihn andern entgegensetzen, die nur durch Zusammenstellung von Worten und Phrasen der Alten ein neues Gedicht, eine neue Rede hervorzubringen glaubten.
Eine Tragödie, Der goldene Regen, kleinere Gedichte, der Zyklop, Galathee, und so weiter zeigen genugsam, daß wenn man ihn auch nicht eigentlich einen Poeten nennen darf, einen solchen, der einen Gegenstand zu beleben, das Zerstreute zur Einheit zwingen kann, so müssen wir doch außer seiner antiquarischen Bildung, einen aufmerksamen Blick in die Welt, ein zartes Gemüt an ihm rühmen. Er behandelt die Spinne, den Leuchtwurm, das Rohr auf eine Weise, die uns überzeugt, daß er in der Mittelgattung von Dichtkunst, in der beschreibenden, noch manches Erfreuliche hätte leisten können. Uns steht er als Repräsentant mancher seiner Zeitgenossen da, die das Wissen mit Anmut behandelten und der Anmut etwas Gewußtes unterzulegen nötig fanden.
Mit welchem freien, liebe- und ehrfurchtsvollen Blick er die Natur angesehen, davon zeugen wenige Verse, die wir zu seinem Angedenken hier einzurücken uns nicht enthalten können.
Omniparens natura, haminam rerumque creatrix,
Difficilis, facilis, similis tibi, dissimilisque,
Nulligena, indefessa, ferax, te pulchrior ipsa,
Solaque quae tecum certas, te et victa revincis.
Omnia me nimis afficiunt, quo lumina cunque
Verto lilbens, nihil est non mirum, daedala quod tu
Effingis, rebusque animam simul omnibus afflas,
Unde vigent, quaecunque ridentur, pabula, frondes,
Et genus aligerum, pecudesque et squamea turba.