Wenn gleich Porta für unser Fach wenig geleistet, so können wir ihn doch, wenn wir im Zusammenhange der Naturwissenschaften einigermaßen bleiben wollen, nicht übergehen. Wir haben vielmehr Ursache, uns länger bei ihm aufzuhalten, weil er uns Gelegenheit gibt, einiges, was wir schon berührt, umständlicher auszuführen.
Er ist hauptsächlich bekannt durch sein Buch von der natürlichen Magie. Der Ursprung dieser Art von halbgeheimer Wissenschaft liegt in den ältesten Zeiten. Ein solches Wissen, eine solche Kunst war dem Aberglauben, von dem wir schon früher gehandelt, unentbehrlich. Es gibt so manches Wünschenswerte, möglich Scheinende; durch eine kleine Verwechselung machen wir es zu einem erreichbaren Wirklichen. Denn obgleich die Tätigkeiten, in denen das Leben der Welt sich äußert, begrenzt und alle Spezifikationen hartnäckig und zäh sind, so läßt sich doch die Grenze keiner Tätigkeit genau bestimmen, und die Spezifikationen finden wir auch biegsam und wandelbar.
Die natürliche Magie hofft mit demjenigen, was wir für tätig erkennen, weiter als billig ist zu wirken, und mit dem, was spezifiziert vor uns liegt, mehr als tunlich ist zu schalten. Und warum sollten wir nicht hoffen, daß ein solches Unternehmen gelingen könne? Metaschematismen und Metamorphosen gehen vor unsern Augen vor, ohne daß sie von uns begriffen werden; mehrere und andere lassen sich vermuten und erwarten, wie ihrer denn auch täglich neue entdeckt und bemerkt werden. Es gibt so viele Bezüge der spezifizierten Wesen untereinander, die wahrhaft und doch wunderbar genug sind, wie zum Beispiel der Metalle beim Galvanism. Tun wir einen Blick auf die Bezüge der spezifizierten organischen Wesen, so sind diese von unendlicher Mannigfaltigkeit und oft erstaunenswürdig seltsam. Man erinnere sich, im gröberen Sinne, an Ausdünstungen, Geruch; im zarteren, an Bezüge der körperlichen Form, des Blickes, der Stimme. Man gedenke der Gewalt des Wollens, der Intentionen, der Wünsche, des Gebetes. Was für unendliche und unerforschliche Sympathien, Antipathien, Idiosynkrasien überkreuzen sich nicht! Wie manches wird jahrelang als ein wundersamer einzelner Fall bemerkt, was zuletzt als ein allgemeiner durchgehendes Naturgesetz erscheint. Schon lange war es den Besitzern alter Schlösser verdrießlich, daß die bleiernen und kupfernen Dachrinnen, da wo sie auf den eisernen Haken auflagen, vom Rost früher aufgezehrt wurden als an allen andern Stellen; jetzt wissen wir die Ursache und wie auf eine ganz natürliche Weise zu helfen ist. Hätte früher jemand bemerkt, daß ein zwischengeschobenes Stöckchen Holz die ganze Wirkung aufhebe, so hätte er vielleicht diesem besondern Holze die Wirkung zugeschrieben und als ein Haus mittel bekannt gemacht.
Wenn uns nun die fortschreitende Naturbetrachtung und Naturkenntnis, indem sie uns etwas Verborgenes entdecken, auf etwas noch Verborgeneres aufmerksam machen; wenn erhöhte Kunst, verfeinerte Künstlichkeit das Unmögliche in etwas Gemeines verwandeln; wenn der Taschenspieler täglich mehr alles Glaubwürdige und Begreifliche vor unsern Augen zuschanden macht, werden wir dadurch nicht immerfort schwebend erhalten, so daß uns Erwartung, Hoffnung, Glaube und Wahn immer natürlicher, bequemer und behaglicher bleiben müssen als Zweifelsucht, Unglaube und starres hochmütiges Ableugnen.
Die Anlässe zur Magie überhaupt finden wir bei allen Völkern und in allen Zeiten. Je beschränkter der Erkenntniskreis, je dringender das Bedürfnis, je höher das Ahndungsvermögen, je froher das poetische Talent, desto mehr Elemente entspringen dem Menschen, jene wunderbare, unzusammenhängende, nur durch ein geistiges Band zu verknüpfende Kunst wünschenswert zu machen.
Betrachten wir die natürliche Magie, insofern sie sich absondern läßt; so finden wir, daß schon die Alten viele solche einzelne Bemerkungen und Rezepte aufbewahrt hatten. Die mittlere Zeit nahm sie auf und erweiterte den Vorrat nach allen Seiten. Albert der Große, besonders seine Schule, sodann die Alchimisten wirkten immer weiter fort. Roger Baco, zu seinen Ehren sei es gesagt, ist bei allem Wunderbaren, womit er sich beschäftigt, bei allem Seltsamen, das er verspricht, fast gänzlich frei von Aberglauben; denn sein Vorahnden zukünftiger Möglichkeiten ruht auf einem sichern Fundament, so wie sein köstliches Büchelchen De mirabili potestate artis er naturae gegen das Wüste, Absurde des Wahnes ganz eigentlich gerichtet ist, nicht mit jener negierenden erkältenden Manier der Neuern, sondern mit einem Glauben erregenden heiteren Hinweisen auf echte Kunst und Naturkraft.
So hatte sich manches bis zu Portas Zeiten fortgepflanzt, doch lagen die Kenntnisse zerstreut. Sie waren mehr im Gedächtnisse bewahrt als geschrieben, und selbst dauerte es eine Zeitlang, bis die Buchdruckerkunst durch alle Fächer des Wissens durchwirkte und das Wissenswerte durchaus zur Sprache förderte.
Porta gibt sein Buch De magia naturali im Jahr 1560 heraus, eben als er das fünfzehnte seines Alters erreicht hatte. Dieses Büchelchen mit beständiger Rücksicht auf jene Zeit und auf einen so jugendlichen Verfasser zu lesen, ist höchst interessant. Man sieht dessen Bildung in der Platonischen Schule, heitere mannigfaltige Kenntnisse, doch die entschiedene Neigung zum Wahn, zum Seltsamen und Unerreichbaren.
Er wendet nun sein übriges Leben an, diese Bemühungen fortzusetzen. Er versäumt nicht zu studieren, Versuche anzustellen, Reisen zu machen; einer gelehrten Gesellschaft, die er in Neapel in seinem Hause errichtet, verdankt er Beihülfe und Mitwirkung. Besonders hat er sich auch der Gunst des Kardinals von Este zu rühmen.
Nach fünfunddreißig Jahren gibt er das Buch zum zweitenmal heraus, da uns denn die Vergleichung beider Ausgaben einen schönen Blick verschafft, wie in dieser Zeit das Jahrhundert und er selbst zugenommen.
Zwar von den abenteuerlichen Forderungen, Vorschlägen und Rezepten ist noch immer mehr oder weniger die Rede; doch sieht man hie und da, wo das gar zu Abgeschmackte überliefert wird, den klugen Mann, der sich eine Hintertüre offen läßt.
Was die Farben betrifft, so werden sie nur beiläufig angeführt, wenn verschieden gefärbte Blumen hervorgebracht, falsche Edelsteine verfertigt und die Tugenden natürlicher Edelsteine gerühmt werden sollen. Übrigens bemerkt man wohl, daß in diesen fünfunddreißig Jahren die chemischen Kenntnisse sehr gewachsen, und was die physischen betrifft, besonders die Eigenschaften des Magnets viel genauer bekannt geworden sind.
Ungern verlassen wir einen Mann, von dem noch vieles zu sagen wäre: denn eine genauere Beachtung dessen, womit er sich beschäftigt, würde der Geschichte der Wissenschaften höchst förderlich sein. Will man ihn auch nicht für einen solchen Geist erkennen, der fähig gewesen wäre, die Wissenschaften in irgendeinem Sinne zur Einheit heranzurufen, so muß man ihn doch als einen lebhaften geistreichen Sammler gelten lassen. Mit unermüdlicher unruhiger Tätigkeit durchforscht er das Feld der Erfahrung; seine Aufmerksamkeit reicht überall hin, seine Sammlerlust kommt nirgends unbefriedigt zurück. Nähme man seine sämtlichen Schriften zusammen, das physiognomische Werk und die Verheimlichungskunst, und was sonst noch von ihm übrig ist, so würden wir in ihm das ganze Jahrhundert abgespiegelt erblicken.